Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Theodelinde von Bayern

Von J. J. Sendtner.

                      Zu Regensburg war Garibald zu schauen,
Der erste, so geherrscht in Bayerns Gauen;
An Schönheit reich und himmlisch an Gemüt
Theodelinde ihm, die Tochter, blüht.

Viel könnt' ich euch von Brunehilden sagen
Und was mit ihrem Sohn sich zugetragen,
Der, seinen Königsthron zu schmücken schön,
Zur Braut die Zierde Bayerlands ersehn.

Die Zwietracht herrscht im Fürstenhaus der Franken;
Frech stürzet Feindschaft des Gewissens Schranken;
Geheim in Winkeln schleicht der Rache Blick
Und schreckt das kindliche Vertraun zurück.

Drum wie die Blume, wenn der Sturm sich zeiget,
Ihr zartes Haupt mit Zittern vor ihm neiget,
So bebt in ihres Herzens stillem Grund
Theodelinde vor dem Hochzeitsbund.

Und Brunehildis, die in Gift der Schlangen
Getaucht das Herz, kann nicht zur Ruh' gelangen,
Eh' sie vernichtet feindlich dieses Band,
Die Agilolfin hassend und ihr Land.

Und süß und selig unter Blütenbäumen
Kann jetzt Theodelinde wieder träumen,
Da gleich dem Vöglein, drauf der Jäger schon
Gar scharf gezielt, sie der Gefahr entflohn.

Hinwandelnd an der Donau heiterm Strande
Schaut sie daher bald aus entferntem Lande
Viel Helden ziehn, die, stattlich all zu Roß,
Hinwenden sich nach ihres Vaters Schloß.

Wie die Gestalten eilig auch verflogen,
Fühlt sich ihr Herz doch mächtig angezogen,
Und immer kehrt vor ihrem Geist zurück
Ein schöner Held mit hohem Siegesblick.

Wohl zu den Blumen schaut sie sinnig nieder,
Und sinnig schaun nach ihr die Blumen wieder;
Es rauscht, wie sie versinkt in süßen Traum,
Wahrsagend über ihr ein Eichenbaum.

Was nie geahnt ihr Herz und nie empfunden,
Das hält den Sinn bezaubernd festgebunden;
Sie sucht nicht mehr am weiten Himmel fern,
Auf Erden lacht nun ihres Lebens Stern.

Und rufend naht die Amme ihr und findet
Die Liebliche, wie einen Kranz sie windet,
Verloren tief in ihrer Seele Traum
Und rauschend über ihr den Eichenbaum.

»Kommt, holdes Fräulein«, spricht sie, »schnell gegangen,
Der Herzog trägt nach Euch gar sehr Verlangen,
Von fremden Helden eine große Zahl
Sah ich versammelt in dem Schimmersaal.

Aus fernem Lande sind, wie ich vernommen,
Sie mit gar froher Botschaft angekommen:
Es hat zu werben sie um Eure Hand
Der Fürst der Langobarden hergesandt.«

Errötend eilt, eh' sie ein Wort kann finden,
Theodelinde fort und hört verkünden
Ihr feierlich im Kreis der fremden Herrn
Des Langobarden freundliches Begehrn.

»Geh, liebes Kind«, spricht drauf in holder Güte
Zu ihr der Vater, »bring den Wein und biete
Den fremden Gästen hier nach altem Brauch
Den Ehrentrunk, daß sie sich laben auch.«

Zu einem dann der Fremden hingekehret,
Den tief der Jungfrau Engelbild verzehret,
Der Herzog spricht: »Nun schildert seine Braut
Dem Herrn getreu, wie Ihr sie hier geschaut.«

Umglänzt von holder Anmut Purpurstrahle
Reicht jetzt dem Ältesten die goldne Schale
Theodelinde wirtlich dar und bebt,
Wie sie entgegen sie dem Jüngern hebt.

Er scheint aus Augen, die wie Sterne blinken,
Viel Süßeres als Rebensaft zu trinken
Und taucht ihr Bild begeistert in den Wein
Und schlürft es heiß in vollen Zügen ein.

Wie sie die Schale will zurück empfangen,
Fährt er ihr leise über Stirn und Wangen;
Und wie sie zitternd faßt den goldnen Rand,
Drückt er verstohlen ihr die Schwanenhand.

Und tief bestürzt verneigt Theodelinde
Sich vor dem Vater und enteilt geschwinde,
Erfüllt von Scham ihr zart jungfräulich Herz,
Klagt sie der treuen Amme ihren Schmerz.

»Wohl möcht' ich gerne nach des Vaters Willen«,
Spricht sie, »die Schale für den Fremden füllen,
Der hoch an Wuchs und edel von Gestalt
Wie Sankt Georg mir ritterlich gestrahlt.

Ob ich als Jungfrau, treu der ernsten Sitte,
Auch vor ihm weilte in des Saales Mitte
Und hold als Fürstin, wie's die Pflicht begehrt,
Wenn fremde Gäste wirtlich sie beehrt;

Doch wagt' er's, gegen Anstand und Gebühren,
Mir Stirn und Wangen heimlich zu berühren
Gleich einer niedern Magd, daß tief beschämt
Mein Herz sich nun ob solchem Frevel grämt.«

Und sanft entgegnet jene ihren Klagen:
»Glaubt, Fräulein, mir: Wer solches durfte wagen,
Kann wahrlich nur der Bräutigam allein,
Der Autharit der Langobarden sein.«

Und sinnend, schweigend schlingt Theodelinde
Um ihren Geist ein buntes Traumgewinde,
Als fortgezogen in die Berge weit
Die Fremden schon mit stattlichem Geleit.

Bald süß berauscht und wieder tief betrübet
Umfaßt ihr Herz jetzt, was es innig liebet,
Und sieht dann wieder schwinden tief in Nacht,
Was ihr noch erst so freudenhell gelacht.

All ihre Lust und ihre stillen Klagen
Sieht man sie kindlich zu den Blumen tragen,
Und sanft entschlummert unterm Eichenbaum
Erscheint ihr des Geliebten Bild im Traum.

In froher Eile sprengt auf mut'gem Pferde
Heran er rüstig, daß erbebt die Erde,
Und ruft ihr zu vor seinen Edlen laut:
»Laß allen Zweifel, meine holde Braut!

Die Hand, die es gewagt, dich zu berühren,
Kann riesenstark wohl auch die Streitaxt führen;
Wie ich sie schleudre in den Eichbaum hier,
Erkenne deinen Autharit in mir.«

Und wie der Amme mit verklärten Mienen
Sie still vertraut, was ihr im Traum erschienen,
Da kehrt zurück der Bojer edle Schar,
Die heimgeleitend mit den Fremden war.

Die Streitaxt schwingend vor Theodelinden,
Dem Fräulein sie des Helden Tat verkünden,
Der in den Baum sie schleudernd fest und tief:
»Seht, Autharit führt solche Hiebe!« rief.

 


 


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