Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Walther von der Vogelweide (1)

Von J. G. Seidl.

        Walther von der Vogelweide
War ein wackrer Sängersmann;
Sich und anderen zur Freude
Stimmt' er seine Lieder an.

Walther von der Vogelweide
Sagt' und sang aus Herzensgrund,
Nahm in Freude wie im Leide
Sich kein Blättlein vor den Mund;

Tat sich Zwang in keinem Dinge,
Recht so, wie der Vogel singt,
Der da singt, damit er singe,
Nicht weil's Lob und Lohn ihm bringt.

Und so wie der Vogel eben
Sich bald da, bald dort gefällt,
Zog er hin und her im Leben;
Seine Weide war die Welt.

Sechzig Lenze schon hat Walther
Eingeläutet mit Gesang,
Bis auch seinem frischen Alter
Einst das letzte Stündlein klang.

Dort zu Würzburg legt' er nieder
Seinen morschen Wanderstab,
Bat im letzten seiner Lieder
Um ein stilles Sängergrab.

Bat, daß sie sein Grab bedecken
Einfach nur mit rohem Stein,
Welcher hohl an seinen Ecken,
Hohl auch oben möchte sein.

In die hohlen Ecken gieße
Man alltäglich frische Flut,
Daß ein Born dem Vogel fließe,
Der darauf vom Fluge ruht.

Oben in die Höhlung streue
Man alltäglich frisches Korn,
Daß der Vogel baß sich freue,
Trifft er Atzung auch am Born.

Was er wünscht', es ward vollzogen;
Korn und Wasser fehlten nie,
Und so kam's zum Grab geflogen
Scharenweis' voll Melodie.

Wenn noch kaum der Morgen graute,
Sang und zwitschert' es schon drauf,
Und sobald der Abend taute,
Saßen dort die Vöglein auf.

Recht so eine Vogelweide
Gab es, wo im stillen Hag
Walther von der Vogelweide
Nie des Lieds entbehrend lag.

 


 


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