Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Heinrich der Heilige

Von Franz Kugler

        Er stieg den Herzogsstuhl herab:
»Du goldner Reif! Du goldner Stab!
Du edles Hermelingewand!
Nun ist kein andrer Herr im Land!« –
Und nächtens war es ihm im Schlaf,
Als ob ein Wort das Ohr ihm traf,
Ihm dünkt, als ob sich aus der Wand
Hervorhob eine Riesenhand,
Die mit dem Finger Zeichen schrieb:
»Nach sechsen« – und dann stehenblieb.
Verwirrt fuhr er vom Schlaf empor,
»Nach sechsen!« dröhnt's in seine Ohr.
Nach sechsen! – Menschensohn, das ist
Der Tod! – Sechs Tage nur sind Frist.
Da beugt er seinen stolzen Sinn,
Da warf er sich in Demut hin
Vor dem, der einzig hält Gericht;
Und als des sechsten Morgens Licht
Das Erdenrund begann zu färben,
War willig er, bereit zu sterben.
Der Tag ging hin, die Nacht brach an,
Die sechste Woche kam heran,
Der sechste Mond – er blieb ergeben,
Noch fristete der Herr sein Leben,
Und als das sechste Jahr entflohn,
Ward ihm verliehn der Kaiserthron.

 


 


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