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Es träuft der letzte Schnee in leichten Wassertropfen
Vom grünen Tannenzweig, die lust'gen Vögel klopfen
Die Schnäbel in den Stamm und fliegen auf und ab;
Der Blumen Knospe schwillt, und junge Kräuter sprießen
An grünen Bächen, die im Tale plätschernd schießen,
Dem Lenz zu Dank, der Freiheit gab.
Durch Tal und Berg seht ihr den muntern Jäger schweben,
Vergessend selbst das Wild im frischen Frühlingsleben.
Da rennt vor ihm ein Hirsch in scheuem Sprung vorbei –
Ihm nach! – Talwärts, bergauf eilt er, die flücht'gen Spuren
Verfolgend durchs Geheg', durch Wald und Feld und Fluren –
Bald ist von Hirsch und Weg er frei.
Wohin trug ihn so schnell das übereilte Jagen?
Hoch stemmt sich mancher Berg, des Gipfel Wälder tragen,
Die Felsenklippe sieht so kalt und fremd ihn an.
Von allen Klüften nur der eignen Worte Schallen,
Auf stein'gem Boden nur des bangen Fußtritts Wallen,
Kein Himmelsstern scheint seiner Bahn!
Nur irre Lichter sieht er auf und nieder tanzen
Und hohe Felsen rings wie aufgeworfne Schanzen
Mit knappem Grase stehn, das ihre Stirne deckt.
Ist das der Zauberberg, in dem so unermeßlich
Gehäuft die Schätze sind? – Noch war ihm unvergeßlich
Die Sage, die sein Träumen weckt.
Und wie er sinnt und wählt, sieht er des Berges Spalten
Von Lichterglanz umwebt hell blinken, und Gestalten,
So zahlreich, schwarz und klein, fliehn hüpfend draus hervor.
Sie grüßen nickend ihn, sie winken und sie flüstern
Zu ihm, der näher tritt und nach den Schätzen lüstern
Schon mutig steht am engen Tor.
Durch einen Bogengang von weißem Alabaster
Begleitet ihn die Schar, im weitern Gehen faßt er
Sich Mut, daß ihm sein Werk gelingt;
Indes das Gnomenvolk auf feinen luft'gen Sohlen
Buntscheckig ihn umtanzt in lust'gen Kapriolen
Und durch den Gang voraus ihm springt.
Welch bunter Zauberglanz, welch farbenreiche Helle!
Mit zagem Herzen hält er an der innern Schwelle.
»Komm!« ruft es ihm, indem er staunend sich besinnt.
Sein Fuß tritt Mosaik vom Grüne der Smaragden,
Von Jaspis und Opal und was aus tiefen Schachten
Noch sonst der Gnomen Fleiß gewann.
Die Decke strahlet von Beryllen und Saphiren,
In deren blauem Spiel Topase sich verlieren;
Von hohen Wänden blitzt der feurige Rubin.
Die Säulen sind Kristall und ihre Kapitäle
Von lila Amethyst – so gehn die Zaubersäle
In funkelnd weiter Ferne hin.
Da naht ihm von dem Thron, den tragen goldne Greife,
Die Feenkönigin, umringt von einem Reife
Der schönsten Elfen, die zu ihrem Dienste stehn.
Wie der Juwel im Gold des Ringes schön sich malet
Und aus der Sterne Kreis die holde Venus strahlet,
So hier die herrlichste der Feen.
Von ihrer Stirne blitzt des Diamants Agraffe,
Aus ihrem Augenpaar der Liebesflamme Waffe
Und durch der Lippen Rot der Zähne Elfenbein.
Sie lächelt hold und spricht mit wundersüßen Lauten,
Die ihrer Liebe Glut dem Staunenden vertrauten
Und tief ins Herz ihm dringen ein.
Er wird von diesem Schaun, von diesen Worten trunken,
Es flammen lockend süß des Zauberreiches Funken
Um ihn; ihr Auge winkt, es reizt ihr Blütenmund.
Verschwieg'ne Bitte spricht nun kühn vom Sang der Elfen,
Es klingt ein schallend Lied, die Gnomen alle helfen,
Und ihn umschlingt des Tanzes Rund.
Und des Gesanges Macht, der Liebe goldne Töne,
Die reiche Herrlichkeit, der Kön'gin Jugendschöne
Weckt aller Wünsche Drang im ahnenden Gemüt.
Die heiße Glut brennt ihm durch Adern und durch Nerven –
Darf er ein solches Herz, ein solches Glück verwerfen,
Wie's keinem Sterblichen geblüht?
Weh ihm! – Es lockt ihr Bild in des Kristalles Spiegel
So tausendfach ihn an, ihr Brautkuß ist das Siegel,
Das ihn in Fesseln schlägt; sein Busen schwillt vor Stolz.
Er schwelgt im höchsten Glück, im seligsten Entzücken,
Er schwört's: »Es soll mich nichts zur Heimat mehr entrücken,
Zur alten Hütte schlecht von Holz!« –
Doch bald ist er am Gold- und Edelsteineschimmer,
Am reichsten Glanze satt, er reizt und lockt ihn nimmer;
Manch unerfüllter Wunsch tritt bitter in sein Glück.
Mit längst gewohnter Pracht will neue Sehnsucht streiten,
Er mißt in banger Furcht langweil'ge Ewigkeiten,
Und nie, o nie darf er zurück!
Des Taumelkelches Schaum ist raschen Zugs verflogen,
Um wahre Seligkeit sein Herz so kalt betrogen,
Nun düstert sich sein Blick selbst auf dem goldnen Thron,
Vom vollen Marmortisch, von der Geliebten Seite,
Von ihrer Elfen Tanz zieht Schwermut ihn ins Weite;
Doch nie, o nie darf er davon!
»O laß mich noch einmal die Sonne an dem blauen,
Am nächt'gen Himmelszelt die goldnen Sternlein schauen,
Bei lust'gem Hörnerklang im Wald mich jagen früh;
Und dann im Abendrot umarmen die Geliebte,
Die mit so heiterm Wort mir jeden Schmerz zerstiebte;
Sie liebt ich, Königin – dich nie!«
Ein lauter Todesschrei entringt sich der Getäuschten;
Indes die Gnomen all ihn täppisch roh umkreisten,
Die Elfen jammernd stehn, rafft er sich wild empor.
Rasch rennet er hinaus, ihn graust der bunte Zauber
Wie Macht der Hölle an, er löst den Bann, denn tauber
Als harter Fels ist nun sein Ohr.
Da schallt ein Donnerschlag dumpf durch der Erde Gründe,
Es kracht im jähen Sturz der Berg, in seine Schlünde
Sinkt tief des Schlosses Pracht mit seinem Strahlenmeer.
Ihn jagt die Angst zur Flucht, es packt ihn kalt im Nacken,
Doch endlich sieht er um – da ragen graue Wacken,
An ihrer Fläche kahl und leer.
Ist dies der Wände Glanz, sind dies die stolzen Säulen,
Wo jetzt in finstrer Nacht ein schauerliches Heulen
In engen Spalten tobt und durch die Höhlung braust?
Es wuchert Farrenkraut am Fels bei braunem Ginster,
Und des Gewölbes Schlund gähnt schauerlich und finster,
Wo Lieb' und Zauber einst gehaust.
Der Gnomen Haß verfolgt die Menschen, und sie locken
In ihre Nähe sie mit hellen Feuerflocken;
Scharf lauert ihre List auf den, der fürbaß zieht.
Denn in der Zaubernäh' trifft ihn bald Regenschauer,
Bald ein geworfner Stein aus sichrer Felsenmauer,
Daß der Erschreckte ängstlich flieht. |