Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Heinrich Toppler

Der Mann, von dem die Rothenburger Sage am meisten zu erzählen weiß, war Heinrich Toppler, der Bürgermeister. Toppler galt als der reichste Mann seiner Zeit in der Stadt, so daß er 80 000 Gulden besteuerte; dabei besaß er viel an Gütern, Waldungen, Mühlen und Gülten. Als Hauptmann der verbündeten Städte in Schwaben und Franken erwarb er sich großen Kriegsruhm und war so kühn, daß er seine Feinde bis an den Rhein verfolgte und ihre festen Schlösser zerbrach. Ja viele bedeutende Anlagen in der Stadt werden ihm zugeschrieben, und besonders war er auf ihre Erweiterung und Befestigung bedacht. Bei Fürsten und Herren im weiten Umkreis galt sein Name viel, und das gemeine Volk war ihm so anhänglich, daß, wenn er an Festen in die Kirche ging, stets dreißig oder vierzig Bürger ihn heimbegleiteten. Damit es seinem Glück in nichts fehle, so war er auch im Haus mit drei kräftigen Söhnen und fünf züchtigen Töchtern gesegnet, von denen zwei bereits an Söhne edler Ratsherren vermählt waren.

Gegen einen solchen Mann schlief der Neid nicht. Es verbreitete sich das Gerücht, Toppler halte mit seiner Sippe gegen den Stadtbrauch in seiner Wohnung über seine Vasallen Gericht und habe sich für diese ein eigenes Gefängnis bauen lassen.

Den weiteren Verlauf der Sache erzählt die Volkssage nach ihrer Weise so:

Im trunkenen Mut würfelten Burggraf Friedrich von Nürnberg und Heinrich Toppler um die Stadt Rothenburg, wer künftig ihr Herr sein sollte; Toppler warf elf Augen, aber der Burggraf zwölf. Seit der Zeit dachte jener darauf, die Stadt seinem Bundesgenossen zu übergeben. Dies erkannte aber die Weisheit der Ratsherren daran, daß einige alte Türen der Stadtmauer, die der Bürgermeister der Befestigungsarbeiten wegen hatte einreißen lassen, gar lange nicht wiederaufgebaut wurden.

Als nun Toppler einstmals mit zwei anderen Ratsmännern nach Ansbach gesandt wurde, rief die Ratsglocke plötzlich den Rat zusammen, und die Partei seiner Feinde trat jetzt hervor. Durch nachsetzende Reiter wurde Toppler unter einem Vorwand zurückgerufen, und da er als Bürgermeister die erste Stimme hatte, so wurde er befragt, was einem Verräter der Stadt gebühre.

»Hungers zu sterben«, erwiderte der Unbesorgte unverzüglich. Da ließ ihm der Rat sein eigenes Urteil verkünden und ihn in das geheime Staatsgefängnis unter dem Archiv werfen. Dort lag er manchen Tag, bis er verschmachtete. Andere behaupteten, er sei an Gift gestorben. Sein bekümmertes Weib – setzt die Sage noch hinzu – versuchte von den Kellern ihres Hauses aus einen unterirdischen Gang bis zum Gefängnis ihres Eheherrn treiben zu lassen, kam aber zu spät.

Toppler wurde in der Kirche begraben, wo ein Altar seinen Namen führt. Im Jahre 1839 fand man bei einer Wiederherstellung der Steinplatten auf dem Boden des Chors unter dem größten, schwer beweglichen Stein das gut erhaltene Gerippe eines langgewachsenen Mannes, der fast dicht unter der Fläche des Steins und dem Anschein nach ohne Sarg und Zubehör, von dem sich doch immer eine Spur erhält, leicht in die Erde verscharrt war. Das dürften wohl Heinrich Topplers Reste gewesen sein.

Der Grabstein an der Kirchentür von St. Jakob mit dem Wappen ist wohl erst später gesetzt worden, als Kaiser Ruprecht über das Verfahren des Rats ein strenges Urteil gefällt hat.

 


 


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