Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Die Legende vom Wunderbild auf dem Käppele bei Würzburg

Auf dem Kleßberge – auch Nikolausberg genannt – bei Würzburg erhebt sich eine Marienkapelle mit einem Kapuzinerhospiz, gewöhnlich nur das »Käppele« geheißen. In dieser Kapelle ist ein wundertätiges Vesperbild, ohne besondere Kunst aus Holz geschnitzt, 14 Zoll hoch und vom Alter gebräunt. Es stellt die schmerzhafte Muttergottes dar, die den Leichnam ihres göttlichen Sohnes auf dem Schoß trägt. Dieses Bild stand vor 200 Jahren in der Mitte des Berges, droben, wo der enge Weg zwischen den Ellern und den Weinbergen sich hinzog, in einem aus rohen Steinen kunstlos aufgemauerten Häuschen. Das Bild aber blieb auf der luftigen Höhe in seiner stillen Einsamkeit nicht unbeachtet; die Feldhüter, die Weinbergleute sowie die Metzgerjungen, die in der Nähe das Vieh weideten, besuchten es gern, und gar oft sah man es mit Sträußen und Kränzen verziert oder auch im Herbst mit den Erstlingen der Trauben behangen. Als mehrere Leute, die lahm gewesen waren, wieder vor dem Bildstock gesund geworden waren, wurde eine Kapelle erbaut. Später ereigneten sich sieben wundervolle Erscheinungen, die in den Urkunden der Pfarrei zu St. Burkard überliefert wurden.

Die erste Erscheinung, die die Wachtposten und Offiziere des gegenüberliegenden Bergschlosses Marienberg wahrgenommen zu haben beteuerten, geschah am 21. März 1685, wo um 12 Uhr in der Mitternacht und darauf in der Frühe um 4 Uhr eine Viertelstunde lang ein Glöcklein von der Kapelle herübertönte.

Das zweite Wahrzeichen wurde sichtbar in der Nacht des 26. Juni 1687, wo die Schloßwachen die ganze Kapelle in Feuer stehen sahen und gegen Morgen die Glocke wie zum englischen Gruß läuten hörten.

Die dritte Erscheinung, die am 20. Dezember 1688 vom Frauenberg aus beobachtet wurde, erregte neues Aufsehen. »Wilhelm Vornhag«, heißt es in dem Protokoll, »Schlosser auf der Vestung allhie, zeiget an, wie er Montag nach dem letzten güldenen Sonntag frühe vor 5 Uhr, als er aufgestanden, bei der Kapell auf'm Klesberg eine Reihe vieler brennenden Fackeln gesehen habe, welche sich gegen 6 Uhr allmählig wiederum verloren bis auf zwei, welche den Berg herunter gehen wollen, als sie aber in die Mitte kommen, war die eine stehen blieben und die andere wiederum zurück hinaufgangen und verblieben bis 6 Uhr. Welches auch sein Weib gesehen. Item habe er schon öfters in der Kapell bei drei Stunden durch die Fenster Lichter gesehen. Nota. Um abgemeldete Zeit sei Regenwetter gewesen.«

Ein viertes wundervolles Ereignis wurde am 5. April 1689 von den Soldaten und dem Vizekommandanten der Festung beobachtet und bezeugt. Abends gegen 8 Uhr kamen aus der Kapelle eine große Menge brennender Fackeln zum Vorschein und wandelten nach und nach vom Berg hernieder bis auf den am Fuß des Kleßbergs liegenden Zimmerplatz, wo sie sich in einen Kranz zusammenzogen. Nach einer Viertelstunde verschwanden sie; bald aber erglänzte ihr Licht aufs neue, und diese Erscheinung wiederholte sich noch zweimal in jener Nacht.

Die fünfte Erscheinung ereignete sich am 10. September des nämlichen Jahres 1689. Von 6 bis 8 Uhr abends und am folgenden Morgen von 2 bis 4 Uhr bemerkte man brennendes Licht in der Kapelle selbst, und früh um 2 Uhr hörte man eine Viertelstunde lang den Klang der beiden Kapellenglöcklein.

Die sechste Erscheinung erfolgte am 11. Oktober 1692, indem man früh von 4 bis 5 Uhr wieder brennende Fackeln um das Kirchlein herumwandeln sah.

Die siebente und letzte Erscheinung aber war die auffallendste und wurde von mehreren sowohl geistlichen als weltlichen Personen der Stadt Würzburg beobachtet. Am 25. Juli 1693 abends 8 Uhr sah man aus dem Türmlein der Kapelle eine Feuermasse auflodern, so daß man jeden Augenblick den Einsturz der ausgebrannten Kirche befürchtete. Man eilte, um zu löschen, den Berg hinan; als man aber zur Stelle kam, war weder Feuer noch irgendein Brandschaden zu entdecken.

Diese Erscheinungen sind in bronzeartig gemalten, mit Gold aufgeblitzten Schildereien in der Kapelle dargestellt.

 


 


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