Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Wie der heilige Emmeram einen Greis von der Sünde wegführte

Ein frommer und kluger Mann wurde auf seiner Reise zum Grab des heiligen Emmeram im Wald von Langwaid von Räubern gefangen, außer Landes geführt und an das Volk der Franken verkauft. Einer von diesen, der ihn gekauft hatte, verkaufte ihn wieder an jemanden in den nördlichen Teilen des Volkes der Thüringer, der an der Grenze des Volks der Parathanen wohnte, die Gott nicht kennen. Seinem Herrn diente der Greis treu und eifrig. Er war ein Zimmermann und Mühlarzt und erwarb sich durch seine Geschicklichkeit die Gunst seines Herrn.

So wirkte er drei Jahre lang. Da fügte sich's, daß einer seiner Mitknechte starb, der eine junge, schöne und kinderlose Witwe hinterließ. Nun befahl der Herr dem Greis, die Witwe zu ehelichen. Dieser weigerte sich aus dem Grund, weil er zu Hause schon eine Frau habe und bei deren Lebzeiten keine andere ehelichen dürfte. Deshalb eröffnete ihm sein Herr mit listigen und strengen Worten: »Wirst du sie nicht zum Weib nehmen, so soll mir Gott dies und jenes zufügen, wenn ich dich nicht dem Volk der Sachsen ausliefere, das noch so sehr dem Götzendienst ergeben ist.«

Der Herr gedachte ihn durch diese Heirat noch mehr zu fesseln und der eventuellen Flucht des so brauchbaren Knechtes vorzubeugen. So stritten sie täglich miteinander, und der Greis begriff wohl, daß er seines Herrn Macht und Befehl nicht verachten dürfe, weil man ihn sonst als Gefangenen an die Heiden abgeliefert haben würde, deren Leben er, wie er aus der Nachbarschaft wußte, wie den Tod fürchtete. Er willigte also notgedrungen in die vom Herrn gewünschte Heirat.

In der Hochzeitsnacht, als sich das Weib unwillig über seine Ermahnungen von ihm abgewandt hatte und eingeschlummert war, bat der Greis Gott um Hilfe. Im Schlaf erschien ihm St. Emmeram und befahl ihm, wie er gelobt hatte, sich zur St.-Emmeram-Kirche zu begeben. »Wie werde ich«, antwortete er, »ohne Nahrungsmittel so viele unbekannte Länder durchwandern?«

»Steh auf«, sagte der Heilige, »zögere nicht, sondern nimm im oberen Zimmer ein Brot; es wird bis zur Vollendung der Reise genügen.«

Der Greis tat, wie ihm befohlen war, und ging mit seinem Gewand angetan und mit seiner Axt von dannen. Seine Schritte lenkte er eilig auf die Wüste zu, ohne Unterlaß Gott bittend um eine glückliche Reise durch die Verdienste des seligen Märtyrers. Fünfzehn Tage lang führte ihn Gott wohlbehalten und sicher und gesättigt und gestärkt durch das eine Brot derart, daß er um die dritte Stunde jenes fünfzehnten Tages auf dem Berg oberhalb der Weinpflanzung stand, die bekanntlich zwischen der Donau und dem Regen gelegen ist.

 


 


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