Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Der Grieche

Prachtvoll residierte zu Dillingen der Bischof Petrus von Schauenburg, der später Kardinal wurde. Freund ritterlicher Ergötzungen, ließ er manches Ritterspiel in seinem Schloßhof aufführen und bewirtete dann die zahlreichen Gäste, die seine Freigebigkeit stets um ihn versammelte, fürstlich. Herr Petrus war ein feiner, weltkluger Mann, der auf dem Konzil zu Basel gewesen war und in manchen Staatsangelegenheiten von den Königen Englands und Frankreichs wie von den Herzogen von Burgund und jenen von Bayern zu Rate gezogen wurde.

Als im Mai 1453 das griechische Kaisertum mit seiner Hauptstadt Konstantinopel in die Hände der Türken gefallen war, fanden sich fast an allen deutschen Höfen flüchtige Griechen ein. Auch Herr Petrus nahm sich eines solchen Vertriebenen huldreich an; um so mehr, als dieser durch seine Gelehrsamkeit und sein Wissen als Arzt diese Güte auch in reichlichstem Maß zu verdienen schien.

Der Grieche, der sich mit seinem Diener hier niedergelassen hatte, hieß Kartaphilus, und oft wurde er, als sich sein Ruf immer mehr verbreitete, zu Kranken gerufen. Doch seltsam war es: Wenn er sah, daß so ein Patient rettungslos verloren war, harrte er mit gespannter Aufmerksamkeit auf dessen letzten Atemzug, küßte ihm diesen von den Lippen und hauchte dann in eine gläserne Phiole, die er sorgfältig wieder verschloß. In das Gemach, das er in einem Turm des Schlosses bewohnte, durfte außer seinem Diener niemand, und es hieß, er mache dort für den lebenslustigen Fürstbischof Gold. Der Grieche mußte schon sehr alt sein, denn sein Bart war schneeweiß und sein Gang gebückt.

Plötzlich war er verschwunden, und sein Diener gab nur verlegene Antworten über den Vermißten, so daß der Bischof das Turmgemach mit Gewalt öffnen ließ. Da fand man die Luft voll Qualm und Dunst, rätselhafte Kreise auf dem Boden gezeichnet und in einer Ecke den Griechen mit umgedrehtem Hals und zerschmettertem Gehirn, das an den Wänden verspritzt war.

Der Diener aber sagte aus, daß sein Herr sich im Gemach verschlossen und ihm streng befohlen habe, so lange niemand vor ihn zu lassen, bis er sich wieder zeige. Er wisse aus manchen Reden seines Herrn, daß er im Glauben gestanden sei, mit Hilfe eines Dämons und des letzten Lebenshauches, den er seit Jahren von Sterbenden gesammelt hätte, sich wieder verjüngen zu können; das Experiment müsse jedoch mißlungen sein.

Der Bischof ließ den Leichnam auf dem Schindanger verscharren, und somit glaubte jedermann die Sache beendigt.

Nun ließ sich seit undenklichen Zeiten in den unterirdischen Gewölben des Schlosses ein harmloser Hausgeist sehen. Schattenartig schwebte ein gespenstartiger Reiter, den ein schwarzer Pudel begleitete, durch die Räume, verschwand jedoch jetzt auf einmal, als in den oberen Gemächern ein so heilloser Spuk begann, den jedermann dem Griechen zuschrieb, daß der Bischof schon im Begriff stand, nach Augsburg zurückzukehren; dies geschah aber nicht, da ein Exorzist den Spukgeist, der sich ihm in Koboldsgestalt zeigte, in ein Gefäß bannte, das man in der Gegend verscharrte. Von dieser Zeit begann auch der geisterhafte Reiter wieder seinen Ritt, den er vielleicht bis auf den heutigen Tag fortsetzt.

 


 


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