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Im Fichtelgebirge unweit Bischofsgrün erhebt sich der steile Klippenberg Nußhard. Am Fuß dieses Felsens sah einst ein Hirt eine schöne Jungfrau. Sie hatte einen Rechen in der Hand und breitete damit Flachsknoten in der Sonne aus. Niemals hatte er hier ein Mädchen gesehen. Er betrachtete sie, gewann sie lieb und hätte gern mit ihr gesprochen; doch dazu fehlte ihm der Mut. Wenn sie sich entfernte, ging er aus dem Gebüsch und besah ihre Knoten, unter denen er einmal ein Goldstück fand.
Einstmals zur Mittagszeit, in der sie gewöhnlich kam, bemerkte sie den Lauscher. Beide sahen sich an, ohne einander zu nahen.
So vergingen Wochen. Da drängte es den armen Hirten zur schönen Jungfrau hin, und entschlossen sprach er sie an. Freundlich antwortete sie, daß sie, eine Fürstin, seit Jahrhunderten in diese Gegend verbannt und er dazu bestimmt sei, sie aus ihrem Elend zu befreien. Am Sankt-Petri-Tag sollte er wiederkehren, sich aber nicht vor ihr fürchten, wenn sie als häßliches Weib erschiene; er solle sie dann dreimal nacheinander kühn und mutig auf die Stirn küssen und damit ihre Erlösung bewirken.
Schweren Herzens verließ der Hirt, nachdem die Jungfrau sich seinen Blicken entzogen hatte, den Nußhardfelsen, dachte Tag und Nacht an ihre Schönheit und an sein Versprechen, doch als die Zeit erschien, befiel ihn eine wahre Todesangst; er trieb seine Herde nach einer anderen Gegend und kam nicht.
Als er endlich wieder einmal am Felsen hielt, sah er auch die Jungfrau wieder. Wehmutsvoll fragte sie ihn, warum er nicht zu ihr gekommen sei. Jetzt wäre der schöne Augenblick vorüber, und sehr lang müsse sie nun wieder warten auf die neue Stunde ihrer Erlösung. – Nie sah der Hirt die Jungfrau wieder, sooft er auch die Gegend des Nußhardfelsens besuchte.