Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Die Mühle zu Steinheim

Der Dreißigjährige Krieg wütete mit seinem namenlosen Schrecken schon viele Jahre in Deutschland, und auch das Dorf Steinheim war von einer zerstörungssüchtigen Soldatenschar vernichtet worden. Die Bewohner des Ortes behalfen sich, so gut sie konnten, bauten leichte Bretterhütten und waren froh, mit dem Leben davongekommen zu sein. Auch die Mühle war abgebrannt, doch der betriebsam Müller hatte den Mut nicht verloren und fuhr das Korn, bis seine Mühle wieder gebaut war, sechs Stunden weit bis in das Kartäusertal, ließ dort mahlen und führte das Mehl dann den Kunden zu.

In reizender Abgeschiedenheit ist dieses Kartäusertal eine der entzückendsten Partien, die es in hiesiger Gegend geben mag. Malerisch erheben sich aus dem waldbewachsenen Tal im Umkreis von kaum einer Stunde die zerstörten Schlösser Hoch- und Niederhaus sowie das Kloster Christgarten. Zu der Zeit, wo der Müller seine Fahrten dorthin machte, lag Schloß Hochhaus noch stolz auf dem Berg, seine beiden Nachbarn waren aber schon Ruinen, und dort, wo einst die Klosterquelle ihre kristallhellen Fluten in marmornes Bassin ergoß, floß sie nun über Trümmer und Steingeröll, umwuchert von Schlingpflanzen und üppigem Gesträuch.

Schon mehrmals hatte der Müller, wenn er um die Mittagszeit nach Hause fuhr, bemerkt, daß in diesem Quell sich etwas Weißes bewege, schenkte ihm aber nie Aufmerksamkeit. Einstmals kam er etwas früher als gewöhnlich und bemerkte ganz deutlich, wie aus dem Gesträuch eine weiße Schlange schlüpfte, die ein funkelndes Krönlein auf dem Haupt trug. Diese legte sie auf die Brombeerstauden am Quell und badete sich dann lustig darin.

Da schlich der Müller herbei, bemächtigte sich der Krone und jagte dann mit seinen Pferden davon. Aber die Schlange ringelte sich dem Wagen nach und ließ einen gellenden Pfiff ertönen, worauf von allen Seiten Blindschleichen, Nattern und Schlangen sich auf den Wagen und die schnaubenden Rosse warfen, die Säcke zerbissen und, als alles Mehl ausgelaufen war, sich um den Müller ringelten, der sich von ihnen nur durch Wegwerfen der Krone befreien konnte, worauf die Schlangen von ihm abließen. Wohlbehalten, aber ohne Krone und ohne Mehl, kehrte er nach Hause zurück; doch das Glück schien fortan auf seinem Haus zu ruhen, und obwohl seit jener Geschichte an 300 Jahre verflossen, sind die Müller auf jener Mühle stets wohlhabende Leute geblieben.

Von jener Mühle erzählt man sich noch folgende Geschichte: Es ist ein uralter Glaube, daß, wer in der Christnacht ein Stühlchen aus neunerlei Holz fertige und in der Kirche daraufknie, alle bemerken könne, die im folgenden Jahr sterben werden; ebenso alle Hexen, die verkehrt dastehen sollen. Am Heimweg von der Kirche dürfe man jedoch nicht umsehen, da einem sonst Schlimmes begegne.

Nun erprobte dies ein Knecht in jener Mühle, blickte aber beim Weggehen um und kam erst in der Frühe mit zerfetzten Kleidern und todbleichem Gesicht zu Hause an. Zu jenen, die ihn fragten, was ihm begegnet wäre, sagte er nur: was er getan hätte, täte er um alles Gut der Welt nicht mehr; was er gesehen habe, sei schauderhaft, doch er erzähle es nicht.

 


 


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