Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Frauenroth

Von J. B. Goßmann

              Mit still vergnügtem Sinnen
Beim Abendsonnenstrahl
Steh'n auf den hohen Zinnen
Der Ritter und sein Gemahl.

Sie schaun ihr liebes Franken
Und schaun hinab ins Tal
Und haben fromme Gedanken,
Der Ritter und sein Gemahl.

»Laßt uns ein Kloster bauen
Und beten drin zumal.«
So sprach die Perl' der Frauen
Zum Ritter, ihrem Gemahl.

»Das eben ist mein Sinnen,
Doch wird mir schwer die Wahl,
Wo Raum sei zu gewinnen!«
Der Ritter so zum Gemahl.

Da kam ein Sturm geflogen
Mit großer Gewalt zumal,
Der hat den Schleier gezogen
Vom Haupte seinem Gemahl.

Ihn trug der Wind im Wehen
Wohl über Berg und Tal,
Das haben mitangesehen
Der Ritter und sein Gemahl.

»Ihr Knappen, auf, ihr geschwinden,
Zum Suchen auszugehn!
Wo man den Schleier wird finden,
Da soll das Kloster stehn.«

Drei Tage sind verschwunden,
Und nach der dritten Nacht,
Da wird der Schleier gefunden
Und in die Burg gebracht.

Des Klosters Bau wird begonnen,
Wo man den Schleier fand,
Er ward bestimmt für Nonnen
Und Frauenroth genannt.

In selbem Kloster täten
Der Ritter und sein Gemahl
Für ihre Seelen beten
Gebetlein ohne Zahl.

Im Kloster zu Frauenroth
In Zellen eng und schmal,
Da ruhen nach ihrem Tod
Der Ritter und sein Gemahl.

Dort hängt zur ew'gen Feier
Am heiligen Altar
Der wunderbare Schleier,
Der Gottes Bote war.

 


 


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