Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Das Schloß der Thüringer Fürstin

Von F. J. Freiholz

                Des Jägers Hifthorn mischt sich mit dem Abendglockenklang,
Und zwischendrein ertönet süß ein reizender Gesang.
Wie klang das dem Verirrten doch so hoffnungsfroh ins Ohr,
Der in dem dichtbelaubten Forst vom Wege sich verlor.

Und wie er lauschend stillesteht, woher der Ton wohl kam,
Und leise flüsternd ein Gebet, vom Haupt die Mütze nahm,
Da tönt derselbe Zauberklang noch einmal durch den Wald,
Noch einmal ruft das Glöcklein ihm, eh' leiser es verhallt.

Rechts klang die Glocke, links das Lied – wohin nun soll er ziehn?
Links drängt ihn eine Stimme hin, und eine heißt ihn fliehn!
Ob mahnend auch das Glöcklein klang – bezaubernd rief das Lied,
So daß des Herzens Widerstreit es siegreich bald entschied.

Links bricht der Fuß durch das Gestrüpp sich rasch erwünschte Bahn,
Bald lacht des Himmels dunkles Blau den müden Wandrer an;
Es dehnt die reiche Eb'ne sich vor seinen Blicken aus,
Und stolz vom Berge niederblickt ein mächt'ges Ritterhaus.

Wie schlägt die Brust ihm hoch vor Lust – wie wird ihm doch so bang,
Da von dem Schloß herniedertönt noch einmal der Gesang;
Und freundlich vom Altane winkt ihm zu ein reizend Weib,
Das reich mit Gold und Edelstein geschmückt den schönen Leib.

Wie er bewundernd stillesteht, zu ihr den Blick gewandt,
Die in des Waldes Dunkel ihm der Liebe Gruß gesandt,
Da hat der Schönheit Allgewalt die Sorge bald verbannt,
Die bei der Holden Anblick ihn schier plötzlich übermannt.

Die Freude flügelt seinen Fuß, rasch steigt er auf zur Burg,
Und unbehindert schreitet er die Zimmer all hindurch;
Doch vor der letzten Türe bleibt er bange zögernd stehn,
Denn durch der Türe Spalte hat die Holde er gesehn.

Von ungewissem Dämmerlicht war das Gemach erhellt,
Die Harfe, die sie kaum noch trug, war nebenangestellt;
Doch sie, die seinen Sinn betört, lag wollustatmend da,
So reizend und so zauberisch, wie er kein Weib noch sah.

Wild schlägt sein Blut, und ungestüm betritt er das Gemach –
Was kaum ein kleiner Funken schien, wird schnell als Flamme wach;
Vor seiner Schönheit sinkt aufs Knie er liebeflehend hin,
Sie senkt ihr glühend schwarzes Aug' voll heißer Glut auf ihn.

Verzeihung heischt sein banger Blick, daß er zu stürmisch war,
Doch sie reicht lüstern ihm zum Kuß die Rosenlippen dar;
Und feurig preßt sein starker Arm sie fest an seine Brust,
In langen Zügen trinken sie den Becher wilder Lust. –

Doch als des Morgens Frühgold kaum des Schlosses Zinnen säumt,
Verläßt ihn leis die Buhlerin, indes er sorglos träumt.
Und als er auf vom Schlummer fährt, durch Waffenlärm geweckt,
Schon eine rauhe Eisenfaust nach seiner Brust sich streckt.

Doch wie er auch sich sträuben mag, wie er nach Hilfe schreit –
Hier ist die eigne Kraft zu schwach und Hilfe nicht bereit.
Es schleppt ihn fort der starke Mann zum untersten Verlies,
In das die falsche Buhlerin den armen Fremdling stieß.

Da saß er nun mit wirrem Geist, der grübelnd es nicht faßt,
Daß, die so brünstig ihn geliebt, ihn jetzt so grimmig haßt;
Und als des Abendglöckleins Ruf noch einmal ihm erschallt,
Da denkt er wohl, wie liebend es ihm gestern rief im Wald.

Es sinkt das müde Haupt zur Ruh', er flüstert ein Gebet,
Und mit des Glöckleins letztem Schlag sein Herzschlag stillesteht;
Doch oben vom Altane tönt der Zaubrin süßes Lied,
Das lockend durch die Lüfte hin, durch Flur und Wälder zieht.

So sang oft Amalberga noch, Thüringens Königin,
Und manchen Ritter lockt' sie noch zu sich in frevlem Sinn;
Von allen, die da kamen auch, hat keiner mehr geschaut,
Wie außerhalb Saalecks Verlies der Himmel heiter blaut.

 


 


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