Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Die Sage von den goldsuchenden Venedigern und Walen im Fichtelgebirge

Von L. Zapf.

Es ist eine der schönsten Sagen des Fichtelgebirges, die alte Kunde von den geheimnisvollen Fremdlingen, die sich einst in seinen Wildnissen herumtrieben. Sie ließen sich nur zuweilen in den Walddörfern blicken als Mäusefallenhändler oder in Köhlertracht; und sie brachten die meiste Zeit im tiefen Forst zu, in Höhlen und an den Brunnen und Bächen. Da gruben sie nach edlen Metallen und suchten Goldkörner, die sie wuschen und schmolzen. Oft fand das Volk, das eine furchtsam Scheu vor ihrem Wesen und Treiben hatte, an heimlichen Plätzen verlassene, niedergebrannte Feuer und daneben Spaten, Pfannen und Meißel oder gar eines ihrer Büchlein, in denen sie die goldreichen Stellen und Punkte des Gebirges verzeichnet hatten. Auch hörte man wohl zuzeiten ihr dumpfes Pochen und Schlagen.

Der alte Pachelbel widmet in seiner »Beschreibung des Fichtelberges« (1716) diesen seltsamen Männern und ihrem geheimen Tun einen eigenen Teil, »worinnen eigentlich dasjenige enthalten, was die Ausländer, nemlich Wallonen, Venetianer, Mailänder, Modeneser, angleichen Brabander und Flandrer in ihren theils verlornen und hernach gefundenen, theils aber ihnen abgenommenen Verzeichnüßen der fündigen Oerter auf, an und um den Fichtelberg; wie auch in Ober- und Nieder-Sachsen, am Hartz, in Böhmen, Bayern, Pfaltz und Voigtland etc. bemercket und beschrieben haben, insonderheit die Verkundschafftung der besagten Oerter des Venedigers Giovanni Carnero, Johann Schottens, des Gratiani Grundelli eines Venetianers, der sich achtzehn gantzer Jahre umb den Fichtelberg aufgehalten, und sein Verzeichnüß 1531 am Dienstag nach Galli aufgesetzet; item des Sebastian Verso eines Venedigers, wie auch drei anderer Unbenannter etc.«

Unter anderen finden sich nun darin folgende Stellen, die am besten geeignet sind, das mystische Wesen dieser Sage darzutun, die Überlieferung und Aberglauben in einen eigentümlichen, romantischen Schleier hüllen.

Gestalt und Farben der Goldkörner. Etliche Goldkörner sind rot wie rostiges Eisen, andere dunkel und durchsichtig wie Granaten; manche sind kugelrund, andere wie Bohnen oder Erbsen; einige sehen wie Pech aus, sind aber gut, andere zerspringen beim Zerschlagen wie Glas, sind aber ebenfalls gut; manche sehen rauh, grau und bleifarbig aus, sind mild und mürbe, aber gut; andere sind grau wie Mohn oder innen blau mit frischem Glanz; etliche sind wie Blei – die sind die besten. Gold ist auch in weißen Kieselsteinen, die weiße Adern haben, etc. (Sebastian Verso, »Walenbüchlein«).

Fichtelsee. Dieser See ist in des Herrn Markgrafen Land anzutreffen, zuhöchst auf der Seelohe, und ist auf 40 Klafter nicht zu ergründen. Man muß zuoberst auf diesem Berg etwan eine Spanne tief einschlagen, so findet man gar grüne Steine; wenn man diese in einer Glut erwärmt, so werden sie rot, und wenn man sie dann zu Silber legt, so wird aus diesen Steinen gutes Gold, wie es bisher allen Menschen verborgen geblieben ist (Giovanni Carnero und Johann Schottens).

Zelle/Saale. Zu Zelle soll einer vor alters gewohnt haben, der Hildebrand genannt wurde und zu Hof neun Häuser gebaut hat und das Erz dazu geholt haben soll, wo die Saale am Fichtelberg bei Zelle entspringt, was der Schmied zu Zelle wohl gewußt hat.

Beim Ursprung der Saale findet man ein Loch, dessen Erde wie weißer Lehm ist. Wenn diese ein wenig von der Sonne gedörrt wird, so färbt sie sich wie eine blaue Lasur, so daß man wohl etwas damit machen und anstreichen kann. In dieser Grube oder darunter, daneben, dabei schlage man einen Sinter durch den Lehm, etwa eine bis fünf Ellen tief, so findet man einen reinen und wohlgediegenen Goldgang; von dort einen Armbrustschuß weit bei dem Flüßlein gegen Hof zu, da steht auf einem kleinen Bühel eine Tanne mit vielerlei Zeichen an der Rinde, wo man dreierlei teure Markasite findet: Gold, Silber und Kupfer. Der Hügel ist mit Reisig verhauen, so daß es nicht jedermann finde, wegen des Hügeleins und Flüßleins dort, damit es verblendet ist. Darunter findet man Hildebrands Markasit (Giovanni Carnero).

Luchsburg bei Wunsiedel. Dieses Gebirge nahe bei Wunsiedel am Fichtelberg ist von einer unüberwindlichen, schrecklichen Höhe; darauf sieht man alte Stollen und unterschiedliche Gänge, darinnen findet man Gold und Silber, und das ist nahe bei den alten Schlössern, die vorzeiten Raubschlösser derer von Losburg gewesen sind, daher dieser Berg den Namen hat. Vor dem einen Schloß ist vor dem Tor zur rechten Hand ein altes Gewölbe oder ein Keller in die Erde hinein, davor liegt ein sehr großer Stein, darinnen liegt ein sehr großer eiserner Kasten mit einem unglaublichen Schatz von Gold, Silber und Kleinodien; dieser steht auf einem viereckigen kupfernen Kessel, der ist voll gemischter Gulden eine Elle hoch und breiter als eine Elle; obenauf steht ein kupfernes Gefäß, darin sind eine goldene Krone und schöne Kleinodien von Edelsteinen, die ehemals die Herren von Losburg einem König geraubt und dahin vergraben haben, als das Schloß zerstört wurde.

Wenn du den Schatz suchen willst, so suche ihn unter der Staffel, da ist ein viereckiges Loch, in dem der Schatz steht; darum müssen die Staffeln von oben herab bis auf den Grund zur untersten abgebrochen werden. Am Sonntag Epiphanias ist er am besten zu heben. Probatum est (Giovanni Carnero).

 

Wie bei den Sagen von den goldenen Kirchen und Kapellen im Inneren der Berge so ist auch hier der Kern der Goldreichtum des Ochsenkopfes oder Fichtelberges, der sich in mancherlei Sprüchen und Symbolen im Volk ausspricht.

Eine alte Begebenheit wird erzählt, die sich an diese abenteuerlichen Übertragungen anknüpft:

Ein Venezianer, der häufig das Fichtelgebirge besuchte, kehrte oft bei einem Landmann in Wülfersreuth ein, der ihn gastfreundlich aufnahm und ihm bot, was er vermochte. Einstmals nun kam er wieder, jedoch, um für immer Abschied zu nehmen. »Ich kehre jetzt in meine Heimat zurück, um die Früchte meiner langjährigen Mühen friedlich zu genießen«, sagte er, »und werde wohl nie mehr deine gastliche Schwelle überschreiten. Wenn du jedoch einst irgendein Anliegen auf dem Herzen hast, so komm zu mir in das ferne Venedig, und ich will dir von deinem Kummer helfen. Ich glaube, ich werde dich noch bei mir sehen.« Er schied.

Und siehe, nach Jahren zogen schwere Wolken über das kleine Haus, so daß der besorgte Mann keinen Retter mehr wußte aus Not und Sorgen als seinen alten Freund in Welschland. Da machte er sich auf, pilgerte hinab gen Süden und erreichte glücklich die große Meerstadt. Nun wurde ihm aber bang, als er die weiten Straßen beschaute; wie wollte er seinen Freund ausfindig machen, dessen fremden Namen er längst vergessen hatte? Als er jedoch in halber Verzweiflung die köstlichen Paläste ringsum anstarrte, da rief es plötzlich aus einem derselben: »Hans, Hans!« und ein reichgeschmückter, vornehmer Mann stürzte heraus, um den Staunenden zu umarmen.

War das der Venediger in den schlechten schwarzen Kleidern, den er einst beherbergt hatte? – Er war es und hatte ihn in seiner Fichtelberger Tracht sogleich wiedererkannt; und er führte ihn hinauf in die herrlichen Säle voll Pracht und Reichtum, die den armen Waldmann glauben ließen, alles sei ein Traum; und er vergalt ihm nun alles tausendfach, was dieser dem Fremdling einst in seiner Heimat Gutes getan hatte. Reich beschenkt kam er zurück und führte von da an ein sorgenfreies Leben. –

Zur Erzählung dieser Sage von L. Zapf noch eine Bemerkung des Bruschius. Aus der Walensage erklärt sich das Sprichwort, das dergleichen Goldsucher gesagt haben: Wenn man am und um den Fichtelberg mit einem Stein nach einer Kuh werfe, sei der Stein besser als die Kuh. Da man jedoch seit Jahrhunderten weder die in den Sagen bezeichneten Goldgänge finden noch die Steine zu Gold brennen konnte, so verbreitete sich der Glaube, daß das Gebirge verwünscht sei und seine Schätze von Berggeistern verschlossen gehalten würden. Daher ist ein mit einer goldenen Kette und einem starken Schloß verwahrter Berg das Sinnbild des Fichtelberges. Doch können nach der Sage diese Schätze dereinst von frommen und einfältigen Menschen gehoben werden. Denn am Sankt-Johannis-Tag öffnet sich die Geisterkirche auf dem Ochsenkopf.

 


 


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