Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Von der Burg Steineck

Im Wald Questenberg, wo sich das Gebirge des Burgwallbacher Forstes hinabsenkt gegen die sanften Ufer der Fränkischen Saale, in der Nähe des unweit Bocklet gelegenen Marktfleckens Steinach, hart über dem Dörfchen Roth, liegt heutzutage die Trümmerstätte der ehemaligen Burg Steineck. Diese wurde von Rittern bewohnt, die ein heilloses Leben führten, täglich zechten, fluchten und an keinen Gott und keine Erlösung glaubten. Diesen Rittern diente eine alte, fromme und gottesfürchtige Magd, die öfter in den langen Winterabenden den Tummelplatz roher Lustbarkeiten und Laster verließ und herabging nach Roth, um bei einfachen und guten Bauersleuten zu spinnen.

Einst am Christabend, der auf Burg Steineck gänzlich ungefeiert blieb, ging die Alte auch herab, sich mit den befreundeten Leuten der gnadenreichen Geburt des Weltheilands zu freuen, und blieb über die Mitternachtsstunde in Roth. Als sie den Weg zur Burg wieder antrat und in deren Nähe gelangte, kam es ihr sehr befremdlich vor, daß sie nicht wie sonst schon von weitem wüstes Geschrei, Gesang und Becherklirren hörte; noch mehr aber verwunderte sich die Alte, als sie kein erleuchtetes Fenster mehr sah. Endlich mischten sich Schreck, Erstaunen und Grauen in ihrem Innern, als sie die Burg gar nicht wiederfand, sondern an ihrer Stelle nur zerbrochene Außenmauern und wüste Trümmer. Die Burg war mitsamt den gottlosen Rittern, deren Schändlichkeit in dieser heiligen Nacht ihren Gipfel erreicht hatte, und mitsamt den in ihr aufgehäuften, durch Raub zusammengerafften Schätzen – versunken. Die alte Magd glaubte zu träumen oder einen Schlaf, ähnlich dem der Siebenschläfer, geschlafen zu haben und ging ganz bestürzt und zitternd wieder nach Roth hinunter, wo sie den Leuten erzählte, was sich zugetragen hatte, sie zu einem gottgefälligen Leben ermahnte und bald darauf zum ewigen Leben einging.

Auf der Trümmerstätte der Burg Steineck aber ist es nicht geheuer. Gespenster haben dort ihr Wesen – vornehmlich in der Christnacht –, und doch soll es nur in dieser Nacht möglich sein, die Schätze zu heben, die in ihrem tiefen Schoß ruhen. Manche versuchten das, doch ist es noch keinem geglückt.

 


 


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