Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Sankt-Johannis-Nacht auf der Karlburg

Von Schöppner. – Karleburg oder Karlburg bei Karlstadt am Main.

              Es macht in der Sankt-Johannis-Nacht
Auf Karlburg ein Zug die Runde;
Ein Leichenzug geht still und stumm
Im Gemäuer der Burg dreimal herum
Zur mitternächtigen Stunde.

Auf jenem Schloß an des Maines Gestad',
So stolz und luftig zu schauen,
Erblühte der knospenden Rose gleich
Ein Fräulein an Adel und Tugend reich,
Die Perle fränkischer Frauen.

Zwei Ritter kamen gezogen von fern,
Den Edelstein zu erwerben,
Doch weil von zweien nur einer allein
Als Bräutigam konnte die Liebliche frein,
So mußte der andre verderben.

Nur einer konnte der Glückliche sein,
Das kränkte den anderen bitter.
»Du sollst mir teuer bezahlen die Braut,
Die wird mit der Klinge dir angetraut!«
So schwur der verachtete Ritter.

Und nächtlicherweile lauert und harrt
In glühendem Racheverlangen
Der Ritter des Feindes am Felsentor –
Da tritt der glückliche Jüngling hervor;
Von der Liebsten kam er gegangen.

»Willkommen, Gesell, willkommen zum Strauß!
Jetzt sollst du die Braut dir erwerben!
Hier über die zackige Felsenwand
Muß einer von uns an des Maines Strand
Hinabgeschleudert verderben.«

Und es zucken wie Blitze die Klingen empor,
Und es rasseln die Schwerter so munter –
Ein Schrei und ein Fall: der Jüngling gut,
Er stürzt getroffen in seinem Blut
Die zackigen Felsen hinunter.

Und es macht in der Sankt-Johannis-Nacht
Auf Karlburg ein Zug die Runde;
Ein Leichenzug geht still und stumm
Mit des Jünglings Sarg in der Burg herum
Zur mitternächtigen Stunde.

 


 


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