|
Wenn voll der Mond am Himmel wacht,
Von goldnen Sternen hell umflimmert,
Und dumpf die Stund' der Mitternacht
Vom alten hohen Turme wimmert,
Entwallet ernst und hehr und bang
Der Klingenburg umgrünten Mauern
Ein reiner, silberheller Klang;
Man hört's mit tiefem heil'gem Schauern.
Dort lebte in der grauen Zeit,
Wo für das Kreuz die Völker stritten,
Die schöne Jungfrau Adelheid
Mit frommem Sinn und reinen Sitten.
Vom Antlitz war sie Engeln gleich,
Wie Raffaele sie uns malen;
Die Seele sanft und liebereich
Sprach aus des Auges blauen Strahlen.
Adolf von Hochburg, kühn und hold,
Umschlang ihr Herz mit süßen Banden;
Und als sie einst im Abendgold
Im stillen Eichenhain sich fanden,
Da klopft' ihr Herz an seiner Brust,
Sie hielten innig sich umwunden
Und fühlten der Verklärten Lust;
Die niedre Erde schien verschwunden.
Bald tönet – ach! – des Kaisers Ruf
Ins Morgenland Adolf zum Streite;
Da sank der Bau, den Liebe schuf,
Und höchste Wonne wich dem Leide.
Es nahte trüb die letzte Nacht,
Kein goldnes Sternchen mochte schimmern;
Umhüllet zog des Mondes Pracht
Durch Wolken hin mit mattem Flimmern.
Und als nun schwand der nächt'ge Flor
Und enden mußt' der Trennung Stöhnen,
Da zog ein Glöckchen sie hervor
Mit reinen, silberhellen Tönen:
»Da nimm, und wenn des Todes Streich
Dir naht, so laß das Glöckchen klingen;
Es tönet durch der Lüfte Reich
Und wird zu meinem Ohre dringen!«
Nun zog er hin, und Adelheid
Lebt' ihrer Lieb' und ihrem Kummer,
Und nächtelang durchschaut sie weit
Des Maines Tal – ihr naht kein Schlummer
So schwand ein Jahr; ins weiße Tal
Blickt' einst um Mitternacht sie wieder,
Da klang des Glöckchens Silberschall –
Und Adelheid sank tot darnieder.
Das ist der silberhelle Klang,
Den man mit tiefem, heil'gem Schauern
Entwallen höret hehr und bang
Der Klingenburg umgrünten Mauern,
Wenn voll der Mond am Himmel wacht,
Von goldnen Sternen hell umflimmert,
Und dumpf die Stund' der Mitternacht
Vom alten hohen Turme wimmert. |