Alexander Schöppner
Bayrische Sagen
Alexander Schöppner

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Die Entstehung des Passionsspiels zu Oberammergau

Kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde Bayern von der Pest verheert. Da versammelten sich die fleißigen und fromm gesinnten Männer von Ammergau und beschlossen, daß weder jemand über die Berge, die das Tal vom übrigen Land trennen, hereingelassen werden sollte noch jemand aus dem Tal selbst hinabginge über die Berge, um wiederzukehren; sie verboten dies bei großer Strafe, damit nicht das Pestgift nach Oberammergau käme.

Das Gebot wurde bis zum Kirchweihfest treulich gehalten. Aber nun ging es einem von Ammergau, der seit Monaten als Taglöhner in Eschenlohe jenseits des Ettaler Berges arbeitete, schwer zu Herzen; er sehnte sich, die Feiertage bei seiner Familie zuzubringen, und versuchte es, ungeachtet des strengen Verbots, sich bei Nacht auf verborgenen Wegen über das Gebirge zu schleichen. Unglücklicherweise gelang ihm dies, aber er trug die Krankheit zurück in seine Hütte und starb schon am dritten Tag; das Pestübel aber fing im Tal zu wüten an.

Die Ammergauer wandten sich in solcher Trübsal zum himmlischen Arzt, empfahlen ihm ihre Seelen und Leiber in gläubiger Zuversicht und taten das Gelübde, alle zehn Jahre mit großer Feierlichkeit und Andacht die Leidensgeschichte des Erlösers bildlich darzustellen, sofern das Pestübel von ihnen genommen würde. Ihr Gebet wurde erhört und dem Sterben wie durch ein Wunder Einhalt getan, so daß bald fröhliches Leben auf die Stätte des Todes zurückkehrte. In ihrer Freude vergaßen jedoch die Ammergauer das Gelübde nicht und stellten schon im nächsten Jahr auf einem großen Theater die Passionsgeschichte nach der Weise der alten Mysterienspiele unter großem Zudrang von Fremden aller benachbarten Länder dar.

Das fromme Schauspiel wurde seitdem fleißig wiederholt und zog mit den vielen Zuschauern auch viel Geld in das Tal, denn die Fremden kauften dabei von den künstlich verfertigten Waren, um den Ihrigen ein Andenken mit nach Hause zu bringen.

 


 


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