Jakob Wassermann
Das Gänsemännchen
Jakob Wassermann

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6

Noch am nämlichen Abend kamen sechs von Daniels Schülern, die gehört hatten, daß er von seiner Stelle an der Anstalt entlassen worden war.

Es war kein bloßes Gerücht. Andreas Döderlein hatte diese Maßregeln getroffen. Auch seines Organistenamtes war Daniel entsetzt worden. Der stadtkundige Skandal, zu dem er Anlaß gegeben, hatte die kirchliche Behörde gegen ihn aufgebracht.

Die sechs Schüler traten in die Kammer, wo er bei seinen Kindern saß, und einer, den sie zum Wortführer ernannt hatten, sagte, daß sie beschlossen hätten, nicht von ihm zu lassen, und er möge sie nicht abweisen.

Es waren kluge und lebhafte junge Leute; in ihren Augen war ein Enthusiasmus, der noch nicht durch Feigheit und Dünkel getrübt war.

»Ich bleibe nicht in der Stadt,« sagte Daniel zu ihnen, »ich will nach Eschenbach, in meine Heimat ziehen.«

Die Schüler blickten einander an. Hierauf sagte der Sprecher: »Wir wollen mit Ihnen gehen.« Und alle nickten.

Daniel erhob sich und reichte jedem einzelnen die Hand.

Zwei Tage nachher, Daniels Hausstand war schon in voller Auflösung, kam Benda, um sich zu verabschieden. Ihn rief die Arbeit, rief seine große Pflicht.

Zuerst hatte es Benda kaum zu fassen vermocht, daß Daniel noch sollte wirken können, daß da noch ein ganzes Leben sein sollte und nicht Trümmer einer Existenz, Ruinen eines Herzens. Und doch war dem so.

Es war etwas Befreites an Daniel, den Gewöhnlichsten entging es nicht. Obgleich noch wortkarger als ehedem, hatte sein Auge einen neuen Glanz, ernst und heiter zugleich; seine Stimmung war milder, sein Gesicht voll Ruhe.

Die Freunde gaben einander die Hand. Benda ging langsam hinaus, langsam die Stiege hinunter, langsam durch die Gassen. Er fühlte sich so gering; er fühlte sich so sonderbar gering.


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