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Herr Carovius wartete Tag um Tag vergebens.
Als die Woche um war, argwöhnte er, er sei zum besten gehalten, und es ergriff ihn eine tückische Wut, die sich Luft verschaffen mußte. Eines Morgens verließ er seine Wohnung, da standen im Hausflur zwei mit Milch gefüllte Kannen, eine für den ersten Stock und eine für den zweiten Stock. Das Milchmädchen hatte sie einstweilen hier niedergestellt und war ins Nachbarhaus gegangen. Herr Carovius holte eine Essigflasche aus der Rumpelkammer, die ihm zugleich als Küche diente, spähte vorsichtig umher und schüttete den Inhalt der Flasche, gleichmäßig verteilt, in die beiden Milchgefäße.
Zwei Tage vergingen, da beschloß er, dem Hunde Cäsar nichts mehr zu fressen zu geben, damit er alle in der Nachbarschaft wohnenden Leute durch sein Geheul erschrecken sollte. So kam es auch, der Hund heulte die Nächte hindurch zum Steinerweichen und die Leute konnten nicht schlafen. Andreas Döderlein schickte auf die Polizei, aber es wurde gesagt, man könne dem nicht abhelfen.
Herr Carovius lag in seinem Bett und freute sich, daß die Menschen nicht schlafen konnten. Er verliebte sich in die Vorstellung, daß man vielleicht vermittelst einer ingeniösen Erfindung einer ganzen Stadt, einer ganzen Nation den Schlaf zu rauben vermöchte und daß man dann bei Tag unter ihnen herumging als der Austeiler und Entzieher alles auf der Welt vorhandenen Schlafs und sie hinsiechen lassen konnte, wenn man Lust hatte, hinsiechen, verfallen und verdorren.
Wie nun der Hund Cäsar genügend wild geworden schien, da machte sich Herr Carovius daran, ihn von der Kette zu lösen. Es war gegen Abend, er näherte sich dem Tier von hinten, öffnete das Kettenschloß und der Hund rannte wie toll durch den Hof, durch das Haus und auf die Straße.
Nun geschah es, daß gerade in diesem Augenblick der junge Freiherr von Auffenberg ins Haus treten wollte, um Herrn Carovius den versprochenen Besuch abzustatten. Er prallte vor der Bestie zurück, das Tier sprang ihm aber doch gegen den Leib und der lange Mensch stürzte auf das Pflaster. Cäsar setzte über ihn hinweg, raste in die offenstehende Tür eines nahegelegenen Metzgerladens und riß in seinem Heißhunger ein mächtiges Stück Fleisch vom Hackpflock.
Herr Carovius, um zu sehen, was der Hund für Schaden anrichten würde, eilte mit einer Miene heuchlerischen Entsetzens, als ob ihm die Dogge entkommen wäre, ans Tor, und da sah er nun, wie der Baron sich mühsam von der Erde erhob und auf ihn zuhinkte.
Jetzt war sein Entsetzen unverstellt. Mit dem Eifer eines Lakaien bückte er sich nach dem Hut des Freiherrn, rieb den Schmutz ab, stammelte Entschuldigungen, starrte klagend gen Himmel, bürstete mit der Hand an Eberhards Hosenbein herum, derweil kam der Hund zurück, den Klumpen Fleisch im Maul, und der Metzger kam vor den Laden und drohte mit der Faust und der Metzgerlehrling steckte zwei Finger in die Zähne und tat einen gellenden Pfiff, und die Polizei erschien und Herr Carovius mußte das Fleisch bezahlen.
Sodann geleitete er den Freiherrn mit sanften Erkundigungen nach dessen Befinden in seine Wohnstube, und da Baron Eberhard etwas betäubt war von dem Fall, begehrte er, sich einige Minuten auf das Kanapee legen zu dürfen, ein Verlangen, das Herr Carovius mit einem großen Aufwand an liebevollen Seufzern und bedauernden Ausrufen billigte.
Während nun der Freiherr auf dem Kanapee lag, um seine Lebensgeister wieder zu sammeln, setzte sich Herr Carovius ans Klavier und spielte mit innigem Augenaufschlag und bedeutender Fingerfertigkeit das Rondo aus der As-dur-Sonate von Weber.
Darnach erst begannen die Verhandlungen.