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646. Die drei Schwestern.

Es fielen drei Sterne vom Himmel herab,
Sie fielen wohl auf eines Königs Grab;
Dem Könige starben drei Töchter davon.

Die eine, die starb des Abends ab,
Die andre, die starb um Mitternacht,
Die dritte, da der Tag anbrach.

Die erste, die ward mit Rosen bedeckt,
Die andre, die ward mit Nelken besteckt,
Die dritte, die ward mit Dornen gespickt.

Sie faßten sich all drei wohl an die Hand
Und gingen wohl aus ihres Vaters Land,

Und kamen den schmalen Weg hinan;
Da begegnet ihnen ein weißer Mann.

»Ach Seelchen, ach Seelchen, wo wollt ihr hin?
Ihr gehet ja den schmalen Weg! –«

Und als sie vor die Himmelstür kamen,
Da klopften sie ganz leise an.

St. Petrus sprach: »Und wer ist hier?«
»Es sind drei arme Seelen dafür.«
Zwei nimmt er herein, eine stößt er zurück.

Da ging die eine wieder zurück
Und kam nun auf den breiten Weg;
Da begegnet ihr ein schwarzer Mann.

»Ach Seelchen, ach Seelchen, wo willst du hin?
Du gehest ja den breiten Weg! –«

Und als sie vor das Höllentor kam,
Da klopfte sie ganz grausam an.

Der Teufel sprach: »Wer ist denn hier?«
»Es ist eine arme Seele dafür.«

Da kam ein böser Geist hervor
Und nahm sie herein ins Höllentor,
Und setzte sie auf einen glühenden Stuhl,

Gab ihr einen glühenden Becher in die Hand,
Darnach ihr Mark und Ader zersprang.

Da fing sie an zu schreien und sprach:
»Oweh, oweh, meiner Mutter Hand,
Die mich nicht nach der Schule zwang!

Oweh, oweh, meines Vaters Hand,
Der mich nicht nach der Kirche zwang!

Oweh, oweh, mein bunter Rock,
Der mich hier nach der Hölle lockt!

Oweh, oweh, meines Kutschers Pferd,
Das mich hier nach der Hölle fährt!«

Aus Dithmarschen und durch Herrn Schullehrer Rathjen in Fiesharrie. Vgl. Wunderhorn II, 210. – Eine andere Relation aus Dithmarschen stimmt sehr mit der aus Rügen bei Erlach III, 65.

*

 


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