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261. Das Totenhemd.

In der Marsch, so erzählt man in der Grafschaft Ranzau, wohnte vor Jahren ein Kätner, der auf Tagelohn ging. Seine Frau spann in seiner Abwesenheit vom frühen Morgen bis in die sinkende Nacht, ja auch, wenn er zu Hause gekommen war und sich schlafen gelegt hatte, spann sie noch emsig fort. Schon hatte sie sich viel Leinenzeug bereitet, da ward sie krank und starb. Der Mann aber war geizig und ließ der Leiche ein altes schlechtes Hemd anziehen, dem ein Ärmel fehlte. So ward sie begraben.

Nach Verlauf einiger Zeit nahm der Mann sich wieder eine Frau, fleißig wie die erste. Die saß auch eines Abends noch spät und spann, als der Mann schon zu Bett gegangen war. Da hörte sie die Stimme der verstorbenen Frau hinter dem Fenster, die sprach:

Un de hele Nacht gesponnen,
Wat hest du dar von?
Hemd' med euer Mau (Ärmel)!
Ga du hen un rau (ruhe).

Der Frau am Spinnrade kam ein Grauen an und sie ging zu Bette. Am andern Tage erzählte sie alles ihrem Manne. Der wollte es erst nicht glauben, zuletzt aber machten sie aus, die Frau sollte am Abend wieder aufbleiben beim Spinnen und der Mann wollte im Bette wach bleiben. Da hörten sie nun zu derselben Zeit, wie am vorigen Abend, es hinter der Wand gehen, und dieselbe Stimme sprach:

Un de hele Nacht gesponnen,
Wat hest du dar von?
Hemd' mit ener Mau!
Ga du hen un rau.

Der Mann war nun überzeugt und ward sehr unruhig, weil er nicht wußte, was er tun sollte, bis man ihm riet, Abends einen Bretterstuhl hinter die Wand neben das Fenster zu setzen und ein neues Totenhemd darauf zu legen. Das tat er und in der folgenden Nacht ward die Stimme nicht wieder gehört. Aber am andern Morgen war das Hemd weggenommen und auf dem Stuhle lag ein Häuflein Asche.

Durch Herrn Schullehrer Münster in Elmshorn.

*

 


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