Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

199. Die übermütige Frau.

Taillefas, Skizzen einer Reise nach Holstein (1819) S. 115. Handelmann, Weihnachten in Schl.-H. S. 94. 108. Clasen, Probstei (1898) S. 147. Dieselbe Sage aus der Gegend von Tondern: Bilder aus d. Heimat 1911 Nr. 15 (»Die stolze Frau von Fockebüll«); aus Dithmarschen im Plattd. Husfründ 3, 63: »Johannamudder ut Fellern« (d. i. Feddringen), die so reich war, daß sie die Fußböden mit Talerstücken auslegte. Garn auf »Spetschendalers« wickelte usw. Vgl. Fischer, Slev. Folkes. S. 394.

Auf der Kolberger Heide an der Ostsee in der Propstei lag vorzeiten ein großes Gut, der Verwellenhof. Noch gibt es da einen Verwellenberg. Darauf wohnte eine Frau von Verwellen, eine stolze, übermütige und grausame Herrin, die allezeit auf ihren Reichtum trotzte. Sie hielt ihn für so unerschöpflich, daß, als sie einmal auf der See in einem Boot eine Lustfahrt machte, sie ihren kostbaren Ring vom Finger zog und in die See warf, indem sie dabei zu ihrer Gesellschaft die Worte sprach: »So unmöglich ich den Ring wieder erhalten werde, ebenso unmöglich wird es sein, daß ich je Not leide.« Nach ein paar Tagen brachte ein Fischer einen großen Dorsch aufs Schloß! als die Köchin ihn zerlegte, fand sie den Ring in seinem Bauche und zu nicht geringem Schrecken brachte sie ihn ihrer Herrin. Nicht lange nachher kam die große Flut, die die ganze Kolberger Gegend weit umher verschlang (1625), und man sieht noch oft in der Bucht bei dem Dorf Holm, die noch immer die Kolberger Heide heißt, bei niedrigem Wasser Backsteine und andres am Grunde liegen.

Die reiche Frau hatte nun all ihr Hab und Gut verloren und war so arm geworden, daß sie betteln ging. Früher in ihren guten Tagen hatte sie, wenn sie ins heimliche Gemach ging, immer eine Riste Flachs genommen. Eine Magd wusch ihn nachher sorgfältig aus und verspann ihn. Wenn das nun die reiche Frau sah, sprach sie immer: »Fu dik an!« (Pfui dich an!) und spottete über sie. Nun aber, als sie selber arm geworden war, kam sie bettelnd zu ihrer ehemaligen Magd und bat um Leinen für ein Hemd. Diese gab ihr das Verlangte, aber sprach dabei: »Dat is von êhren Fudikan!« Mit weinenden Augen ging die Frau fort. Seit der Zeit heißt in der Propstei aller Abfall vom Flachs Fudikan.

Schmidt in den Neuen Provinzialberichten 1812, 310 und durch Herrn Schullehrer Pasche in Wankendorf. – Die Sage wird auch von einer reichen Frau in Flensburg erzählt, die am Nordermarkt im Eckhaus der Marienstraße wohnte; auch von einer Edelfrau in Lundsgaarde in Sundwitt. – Die Sage vom Ringe gehört zu den allerverbreitesten: in der indischen Sakontala, bei Herodot vom Polykrates, in Deutschland und in Dänemark und Norwegen an mehreren Orten. Siehe Thiele I, 262 Anm. 277, 294. Wolf, Niederl. Sagen Nr. 152. Grimm, Deutsche Sagen Nr. 239. Mones Anzeiger VII, 54. – Auf Torsholt war eine adlige Frau, die die Kirche zu Sommersted baute; sie war so stolz auf ihren Reichtum, daß sie dem Himmel trotzte; sie ward nachher so arm und elend, daß sie auf eines Bauern Düngerhaufen starb. Rhode, Haderslev-Amt S. 429.

*

 


 << zurück weiter >>