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Kl. Groth Ges. Werke 2, 176 f.
Von Hamburg aus ward Klaus Nanne aus Lunden auf seiner Reise nach Jerusalem mit Geld und Wechseln versehen. In Jerusalem aber traf sein Wechsel nicht ein zur bestimmten Zeit. Der Ritter kam in Verlegenheit, wußte und wagte in der fremden Stadt keinen Menschen anzusprechen und ging traurig umher. Da redete ihn ein Bettler an und fragte, warum er so traurig sei. »Du kannst mir doch nicht helfen«, erwiderte Nanne. »Das kannst du nicht wissen«, sagte der Bettler, »sag' mir nur deine Not.« Da gestand ihm Nanne, daß sein Wechsel ausgeblieben sei, und der Bettler langte in die Tasche und gab ihm einen großen Beutel mit Goldstücken mit den Worten: »Brauchst du mehr, so hab' ich mehr.« Voll Erstaunen fragte Nanne, wie er dazu käme und ihm das Geld gäbe, ohne ihn zu kennen. Der Bettler antwortete: »Ich bin in deinem Hause gewesen, du heißt Klaus Nanne und wohnst in Kleinlehe nahe bei Lunden in Dithmarschen und ich komme in ein paar Jahren wieder zu dir in dein Haus, das Geld selber abzuholen.« Mehrere Jahre vergingen und Klaus Nanne war längst wieder zu Hause. Da trat endlich der Bettler bei ihm ein, an einem Tage und zu einer Stunde, da er gerade mit vornehmen Gästen bei Tisch saß. Nanne erkannte ihn schon an der Tür und ging auf ihn zu, führte ihn auf den besten Platz, legte ihm reichlich vor und erzählte den verwunderten Gästen die ganze seltsame Geschichte. Bleibens aber hatte der Bettler nicht bei ihm, soviel er auch gebeten ward; er nahm sein Geld wieder und ließ von dem dankbaren Manne sich nicht ein Mehreres aufdringen. Die Gäste fragten ihn, wie er doch bei solchem Reichtum eine solche Lebensart führen möchte. »Die soll auch nun aufhören«, antwortete er, ging damit fort und niemand hat erfahren, wohin er gegangen ist.
Harms Gnomon S. 177 aus dem p. Nachlaß.
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