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618. Die reichen Bauern.

Heim. 11, 83 ff. Wisser 47 ff. 63 ff. 31 ff. Bolte 2, 5. Nach einer aus Schinkel mitgeteilten Fassung (»Grootklaas un Lüttklaas«) gibt Lüttklaas die Pferdehaut im Sack für einen »Wahrsegger« aus und prellt einen Bauern und einen Küster je um einen Scheffel Geld usw.

In einem Dorfe wohnten viele reiche und große Bauern, und da war nur ein einziger Armer unter ihnen, der hatte ein ganz kleines kümmerliches Gewese und darauf lebte er mit seiner alten Großmutter. Die reichen Bauern trieben gerne ihren Spott mit ihm und hatten ihn oft zum besten, sie nannten ihn ihren Dummhans im Dorf, aber er war doch klüger als sie alle zusammen. Dummhans hatte nun eine schwarze Kuh, die war wild, sprang oft über und lief in seines Nachbarn Korn und trat viel darin nieder. Eines Tages sprach der Nachbar: »Werde ich's noch einmal wieder gewahr, so schieße ich dir die Kuh tot.« Aber die Kuh war nicht zu halten. Nächstes Tags war sie wieder im Korn; da lief der Bauer hin und schoß sie tot, Dummhans aber mußte sich das gefallen lassen. Er zog ihr die Haut ab und brachte die zu Markt, und als er sie verkauft hatte, ging er ins Wirtshaus und saß da bis in die Nacht und ließ sich's wohl sein. Der aber, der die Haut gekauft hatte, das war ein Dieb. Der hing sich die Haut um, so daß ihm die Hörner vor dem Kopf standen, und ging in der Nacht zum Wirt, der allezeit mit doppelter Kreide anschrieb und seine Gäste betrog und so ein ein reicher Mann geworden war; der Dieb sprach zu ihm: »Gib mir gleich dein Geld oder ich drehe dir den Hals um, denn du siehst wohl, wer ich bin.« Der Wirt erschrak vor der fürchterlichen schwarzen Gestalt mit den Hörnern, meinte es sei der Teufel und gab alles heraus, was er hatte. Als aber der Dieb fort war, da besann er sich doch, machte Lärm und ließ nachsetzen. Der Dieb lief, so schnell er konnte, davon, aber das viele Geld machte ihm das Laufen beschwerlich. Da holte er den Bauern ein, von dem er die Haut gekauft hatte und der nun nach Hause ging. Er sprach zu ihm: »Wenn du mir eine Zeitlang mein Geld tragen und mich nicht verraten willst, so sollst du die Hälfte abhaben.« Da nahm ihm Dummhans das Geld ab und der Dieb lief weiter. Bald kamen die Leute, die ihm nachsetzten, und fragten Hans, ob er auch einen Dieb gesehen. »Nein«, sagte der, »einen Dieb habe ich nicht gesehen, aber der Teufel sauste eben hier vorbei und sagte, er würde allen den Hals umdrehen, die ihm nachkämen.« Da dachten die Leute, daß es besser wäre, wenn sie umkehrten, Dummhans aber ging ruhig mit seinem Gelde nach Hause. Am andern Morgen kam der Dieb und sie wollten teilen. Da schickte Dummhans zu seinem Nachbar und ließ ihn bitten um ein Kannenmaß, er wollte nur sein Geld darin aufmessen. Der Nachbar fing an zu lachen und sagte: »Dummhans will wohl Kartoffeln ausmessen«, doch gab er ihm das Kannenmaß. Aber als Dummhans es wieder schickte und der Bauer nun nachsah und in den Fugen noch ein paar Vierschillingsstücke entdeckte, da lief er zu den andern Bauern und erzählte ihnen, Dummhans sei mit einem Male so reich geworden, daß er sein Geld mit Kannen messen müsse. Und sie kamen nun alle zu Dummhans und fragten ihn, wie er bei dem Gelde käme. Dummhans antwortete so und so, sein Nachbar hätte ihm ja die Kuh totgeschossen, da hätte er die Haut verkauft und habe so viel dabei verdient. Da wollten alle Bauern auch einen solchen Handel machen, schlugen alle ihre Kühe und Ochsen tot und brachten die Häute zu Markt und forderten für jede Haut wenigstens hundert Taler. Aber sie konnten nicht mehr als den gewöhnlichen Preis bekommen und die Kaufleute meinten, sie wollten sie zum Narren haben, und gaben ihnen noch Prügel in den Kauf. Da kamen die Bauern voller Zorn über Dummhans nach Hause und beredeten sich, daß sie ihn in der Nacht umbringen wollten. Dummhans aber merkte, daß sie so etwas gegen ihn vorhätten. Darum legte er Abends seine alte Großmutter vorne ins Bett, aber er legte sich selbst hinten hin. Da kamen nun Nachts die Bauern ins Haus mit Äxten und Knitteln, und schlugen die alte Großmutter tot, meinten aber, sie hätten Dummhans den Rest gegeben. Dummhans stand des Morgens früh auf, lud Äpfel auf den Wagen, aber seine alte Großmutter nahm er auch mit und setzte sie auf den Stuhl, als wenn sie noch lebte; so fuhr er zu Markt und ließ den Wagen mit den Äpfeln auf dem Markte stehen, er selbst aber ging in ein Wirtshaus, legte sich aus dem Fenster und paßte auf. Bald kamen ein paar Juden und fragten: »Mutter, was sollen die Äpfel kosten?« Die alte Großmutter aber saß ganz steif und sagte nichts, die Juden fragten noch einmal und zum drittenmal, da ward der eine verdrießlich und stieß sie mit seinem Stocke an und rief: »He, Mutter!« Sie aber fiel vornüber und vom Wagen hinunter; da kam Dummhans aus dem Wirtshaus gelaufen und schrie, die Juden hätten ihm seine Großmutter totgeschlagen, das sollte ihnen noch eine Stunde schlimm gehn, er wollte hin und sie verklagen. Da kamen die Juden so in Angst und Not, daß sie Dummhans viel Geld boten, wenn er nur schweigen wollte. Damit war Dummhans zufrieden und die Juden gaben ihm an zweihundert Taler; und darauf begrub er seine alte Großmutter und fuhr nach Hause.

Als die Bauern nun sahen, daß ihr Dummhans noch lebte, da verwunderten sie sich und fragten ihn: »Haben wir dich nicht totgeschlagen?« Antwortete Dummhans: »Was solltet ihr wohl! Ihr habt meine alte Großmutter totgeschlagen und da habe ich einen guten Zug mit getan. Ich habe sie zu Markt gebracht und habe zweihundert Taler dafür gekriegt.« Nun verwunderten sich die Bauern noch mehr und beschlossen, weil noch viele alte Weiber im Dorfe waren, so wollten sie alle totschlagen und dann zu Markt bringen und verkaufen. Als sie aber mit den alten Frauen zu Markt kamen und die Leute fragten: »Was habt ihr da zu verkaufen?« und die Bauern antworteten: »Tote Großmütter!« da ging es wie ein Lauffeuer durch den Ort, die Bauern hätten ihre Großmütter totgeschlagen, und der Vogt bekam es zu wissen und wollte die Bauern festsetzen. Da mußten sie schweres Geld geben, daß sie nur wieder loskamen und mußten machen, daß sie wieder nach Hause kamen. Nun aber waren die Bauern so böse auf Dummhans, daß sie beschlossen, ihn gleich aus der Welt zu schaffen, und wollten ihn versaufen. Sobald sie nach Hause kamen, ergriffen sie ihn, steckten ihn in eine Tonne und fuhren mit ihm los bis an einen Teich. Da setzten sie die Tonne nieder, gingen erst noch einmal ins Wirtshaus und nahmen sich einen. Aber Hans saß immer in der Tonne und rief: »Ich soll die Königstochter haben und will nicht! Ich soll die Königstochter haben und will nicht!« Der Schafhirte trieb da mit seiner Herde vorüber und hörte Hans rufen. Da sagte er: »Wenn du nicht willst, so will ich es gern; kann ich nicht die Königstochter kriegen?« »Ja«, sagte Hans, »das kannst du; aber dann mußt du mich heraus lassen und hier in die Tonne kriechen.« Da kriegte der Schafhirte ihn heraus und stieg selber hinein, und als die Bauern kamen, schrie er: »Laßt mich hinaus, ich will ja die Königstochter haben.« Aber die Bauern hörten nicht darauf und warfen ihn mit der Tonne in den Fischteich. »So«, sagten sie, »nun sind wir ihn los«, und gingen ins Dorf zurück; Abends aber trieb Hans seine Herde herein; da verwunderten sie sich und fragten: »Hans, wo kommst du her und wie kamst du zu den Schafen?« Hans antwortete: »Ihr habt mich in den Teich geworfen, da hab ich mir die Schafe herausgeholt; der Teich ist unten ganz voll davon.« Das wollten die Bauern nicht glauben, aber am andern Tage gingen sie alle mit Hans an den Teich, da spiegelten sich die kleinen Wolken darin, die man Lämmlein nennt. Da sagte Hans: »Seht ihr wohl, daß ich Recht habe?« Da wollten die Bauern sich auch Schafe holen, jeder eine Herde, Hans sein reicher Nachbar aber sagte: »Ich will zuerst in den Teich«, und sprang hinein. Gleich ging ihm das Wasser über den Kopf, aber er kam noch einmal wieder in die Höhe und rief: »Blubbeleblub! Blubbeleblub!« »Was sagt er?« fragten die Bauern. »Er sagt«, antwortete Hans, »er hat schon einen schönen Bock beim Kopf, ihr sollt ihm helfen.« Da sprangen alle Bauern in der Hast hinter ihm drein und ertranken wie die Ratzen. Und so war nun das ganze Dorf ausgestorben und Hans war der einzige Erbe, und von der Zeit an war er ein reicher Mann, denn ihm gehörte das ganze Dorf und er lebte all seine Tage herrlich und in Freuden, und wenn er noch nicht ausgelebt hat, so lebt er noch heute.

Aus Dithmarschen nach verschiedenen, wenig unter sich abweichenden Relationen aus Heide, Meldorf und Marne. Es werden häufig nur die einzelnen Stücke erzählt. Eine Erzählung aus Wrohe im Kirchspiel Westensee setzt an die Stelle von Dummhans den Bauer Siwitt: Einmal fährt er mit Holz zur Stadt, da fliegen zwei Kibitze über ihn hin; da meint der Bauer, seine Ochsen vor dem Wagen spotteten über seinen Namen; er nimmt einen Scheit Holz, wirft sie tot und verkauft die Häute. Dann folgen mit geringen Abweichungen, nur zerrütteter, die Abenteuer der mitgeteilten Erzählung. In Dithmarschen setzt man oft auch an die Stelle der Bauern drei Juden, die Hans feind sind und von ihm überlistet werden. Ein Märchen beginnt: Hans hat eine alte Großmutter und ein Pferd. Das Pferd stirbt. Er bringt es zu Markt und stellt es auf, als wenn es lebte, er streicht ihm den Bauch, ein paar Zwölfschillingsstücke, die er vorher hineingesteckt, fallen heraus. Da kommen die Juden usw. Es folgt auf diese List der Betrug mit der Flöte. Siehe die vorige Nummer. Dann der Schluß des letzten Märchens. – Dies und das vorige Stück geben nun zusammen vollständig den Inhalt des lateinischen Einochs aus dem 11. Jahrhundert wieder (Grimm lat. Gedicht S. 354), vollständiger also, als die Märchen vom Bürle, vom Bauer Rutschki, vom Bauer Kibitz bei Grimm K.-M. Nr. 61 Anm. S. 111. Vgl. auch Wolf, Deutsche Sagen Nr. 11.

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