Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

64. Wie die Lübschen Herren in Stakendorf den Zehnten holten.

Bart eingekeilt: Nr. 66, 93. 609 (Abs. 6). Danm. Folkem 21, 79. Kristensen 4, 442.

Alle Jahr gegen Fastnacht schickte der Lübsche Senat einige Herren, die in der Propstei alles nachsehen mußten und die Zehnten und Abgaben holten. Als sie einmal nach Stakendorf kamen, waren die Leute gerade dabei und feierten Fastnacht. Die alten Herren gingen mit ins Gildehaus und die Bauern räumten ihnen den Ehrenplatz unter dem Schwibbogen am großen Feuer ein, und da es noch kalt in der Jahreszeit das Propsteier Getränk aber nicht schlecht war, so geschah, daß von dem vielen Herumgehen des Krugs mit dem heißen starken Bier und Met – Branntwein trank man damals noch nicht – die alten Herren schläfrig wurden und endlich einschliefen. Daß sie betrunken gewesen seien, will ich nicht behaupten. Die jungen Leute aber dachten nun sich einen Spaß zu machen; und sie bohrten in die beiden Pfosten, die neben der Feuerstelle standen und den Schwibbogen trugen, so viel Löcher, als Herren da waren, stopften dann ihre langen Bärte in jedes und schlugen einen Pflock dazu hinein. Die alten Bauern mögen wohl geschlafen haben oder hatten auch ihren Spaß mit daran. Als sie nun meinten, die Herren hätten ausgeschlafen, machten sie plötzlich einen erschrecklichen Lärm, bliesen in die Waldhörner und schrien, das Haus brenne. Da fuhren die Herren aus dem Schlaf und keiner hat seinen Bart wieder mit nach Lübeck gebracht, noch ist einer wieder gekommen, um von den Stakendorfern Geld zu holen.

Andre sagen, es sei auf dem Gute Schmoel passiert und der Lübecker Senat über die Bosheit der Bauern so erzürnt worden, daß er das Gut verkauft und die Bauern dadurch alle Leibeigene geworden seien.

Provinzialberichte 1812, 414. Mündlich durch Herrn Jürgensen. Vgl. Nr. 93.

*

 


 << zurück weiter >>