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Bolte 2, 288. 3, 98. Gegenstand weggeworfen, um Hindernis zu schaffen (S. 440): Heim. 20, 113. Bolte 2, 141. – Wohltäter auf dessen Verlangen getötet: Wisser 135. Wat Grotm. vert. 1, 21. 3, 23. Heim. 11, 39. 43. – Geldbeutel, der nie leer wird: Wisser 171; vgl. oben Nr. 454. Grotmoder 3, 8. 58.
Ein Bauer hatte zwei Söhne, der älteste hieß Christian und der jüngste hieß Franz. Franz war aber viel größer als sein älterer Bruder und stärker als sein Vater und Bruder zusammen, obgleich er viel jünger war. An einem Tage sprach der Vater zu seinen Söhnen: »Kommt, wir wollen in den Wald und etwas Brennholz holen.« Sie gingen hin, konnten aber kein rechtes Brennholz finden. Da faßte Franz den größten Baum beim Stamme an und riß ihn mit der Wurzel heraus und nahm ihn auf die Schulter. So machte er es noch mit sieben oder acht von solchen Bäumen und sprach zu seinem Vater: »Wir wollen uns doch eine Tracht Brennholz mit nach Hause nehmen und nicht umsonst gehen.« Er trug darauf die Bäume alle miteinander nach Hause. Aber der Vater sprach: »Du verschändest uns noch das ganze Holz, ein andermal sollst du nicht so viel herausreißen.« Als sie daher das nächstemal wieder in den Wald wollten, um Brennholz zu holen, sprach Franz: »Ich muß mir nur ein anderes Holz suchen oder einen andern Herrn; denn mit euch will ich nicht wieder gehn.« Darauf ging Franz allein fort und wanderte weiter in den Wald hinein. Wie er nun da so umherging, so begegnete ihm ein kleiner Mann, der hieß Hermanni, und redete ihn an und fragte ihn, wenn er einen Dienst suche, ob er nicht Lust hätte, bei ihm einzutreten? »Ja«, sagte Franz, »warum nicht, wenn der Herr guten Lohn gibt!« Da antwortete Hermanni: »Du erhältst vierhundert Mark Lohn und zweihundert Mark zum Gottespfennig; du hast dafür weiter nichts zu tun, als meinen braunen Hengst aufzupassen und um etwas anderes hast du dich nicht zu kümmern.« Franz war mit dem Lohn zufrieden und der Herr führte ihn auf sein Schloß, das auf einem hohen Berge lag. Da mußte Franz den Hengst aufpassen; er striegelte und fütterte ihn alle Tage und versah seinen Dienst, wie es sein mußte.
Als nun das Jahr um war, kam der Herr wieder zu Franz und fragte, ob er nicht Lust hätte, wieder ein Jahr bei ihm zu bleiben? »Ja«, sagte Franz, »aber ich möchte gerne mehr Lohn haben.« Da sprach der Herr: »Ich will dir dies Jahr achthundert Mark Lohn geben und vierhundert Mark zum Gottespfennig; du hast dafür weiter nichts zu tun, als meinen Hengst aufzupassen, um was anderes darfst du dich nicht bekümmern.« Franz entschloß sich gleich, noch ein Jahr bei Hermanni auf dem Schlosse zu bleiben; aber er bat um die Erlaubnis, doch einmal seinen Vater und Bruder besuchen zu dürfen. Der Herr antwortete: »Das kann auch gerne angehen, aber es ist nur keiner da, der während deiner Abwesenheit den Hengst aufwartete.« Da sagte Franz: »Wenn weiter nichts im Wege ist, als das, so kann ich gehen, denn in einem Tage mache ich die Reise und bin am Abend wieder hier.« Nun ging Franz bald einmal zu seinem Vater und seinem Bruder, und die freuten sich sehr, daß sie ihn einmal wieder sähen, den sie so lange vermißt hatten. Der Vater fragte ihn, wo er denn so lange gewesen sei. Aber Franz antwortete: »Das kann ich euch nicht sagen.« Und als Franz Abends wieder nach dem Schlosse wollte, bat sein Bruder Christian ihn begleiten zu dürfen und wollte mit. Aber Franz sprach: »Wo ich hingehe, dahin kannst du mir nicht folgen«; er ging nun allein wieder nach dem Schlosse seines Herrn. Da kam dieser am andern Morgen zu ihm und sprach: »Franz, siehst du da zu Norden im Schlosse eine Tür? Die mußt du ja nicht aufmachen, sonst wird es dir schlecht gehen; bist du mir aber gehorsam, sollst du es auch ferner gut bei mir haben.« Franz versprach das seinem Herrn, versah treulich seinen Dienst und das Jahr verging ihm so schnell, daß es ihn däuchte, es wären nur wenige Tage gewesen.
Als das Jahr vorüber war, kam der Herr Hermanni wieder zu Franz und fragte ihn, ob er wohl wieder bei ihm bleiben wollte. Franz antwortete, daß er's schon zufrieden wäre, wenn er nur etwas mehr Lohn bekäme. Da sprach der Herr: »Ich will dir für dies dritte Jahr sechszehnhundert Mark Lohn geben und achthundert Mark zum Gottespfennig, du weißt, wie du deinen Dienst zu versehen hast.« Franz diente nun bei dem Herrn auch noch das dritte Jahr. Als es aber beinahe um war, war der Herr verreist. Da dachte Franz: »Du könntest doch einmal die Nordertür des Schlosses öffnen, um zu erfahren, was da zu sehen ist. Das kann doch nicht so viel schaden und der Herr merkt's nicht; der ist ja nicht zu Hause.« Franz ging also zur der Tür und öffnete sie, ohne sich lange zu bedenken. Da befand er sich mit einmal in einem wunderschönen Garten voll ganz wunderbarer Blumen; denn alle Sträuche, die er sah, die waren von Demant, Gold und Silber. Da pflückte Franz von jedem Strauche sich ein Sträußchen ab, wickelte sie in sein Taschentuch und steckte sie zu sich. Dann ging er wieder aus dem Garten; als er nun aber in den Stall kam, konnte der Hengst zu seiner Verwunderung sprechen und fing an zu reden: »Franz, was hast du getan! Sattle mich nur gleich und schwing dich auf; die Flucht allein kann uns retten, wir sind sonst beide des Todes.« Schnell tat Franz wie der Hengst ihm befohlen hatte, sattelte ihn und schwang sich drauf und in fliegender Eile jagte er davon.
Als sie nun schon viele Meilen weit gekommen waren, sprach der Hengst zu Franz: »Sieh dich einmal um, mich dünkt, es kommt was hinter uns drein!« Franz sah sich um und sprach: »Ja, der Herr hat uns schon beinahe eingeholt.« »So wirf deine Reitpeitsche hinter dich«, sprach der Hengst, und wie Franz das getan hatte, war hinter ihnen ein großer hoher dichter Zaun, daß der Herr lange arbeiten mußte, ehe er hindurchkam. Unterdes waren Franz und der Hengst weit voraus gekommen. Endlich aber sprach der Hengst wieder zu Franz: »Sieh dich einmal um, mich dünkt, es ist was hinter uns.« Franz sah sich um und rief: »Ja, der Herr ist uns gleich auf den Fersen.« »So wirf deinen Mantelsack hinter dich«, sprach der Hengst, und als Franz das getan, stand ein großes Gebirge hinter ihnen, viele tausend Fuß hoch. Da hatte der Herr erst lange zu klettern, ehe er hinüber kam, aber er holte die Flüchtlinge am Ende doch wieder ein. Da sprach der Hengst zu Franz: »Sieh einmal hinter dich, mich dünkt, es kommt wieder was.« »Ja«, rief er, »der Herr ist uns wieder ganz nahe.« »So wirf die Pferdedecke von dir«, sagte der Hengst; da entstand zwischen ihnen und dem Herrn Hermanni ein großes Wasser; da konnte er nicht hinüber kommen und nicht durchwaten, und darum legte er sich nieder und wollte es austrinken. Aber es war eine solche Menge Wasser da, daß er davon mitten voneinander barst und starb. Nun ritt Franz noch eine Strecke weiter und kam bald zu einem anmutigen, grünen Holze. Da ließ er seinen Hengst grasen, legte sich selber in den Schatten und verzehrte seine Kost, soviel er mitgenommen hatte, und nachdem er seine Mahlzeit gehalten, schlief er ermüdet von der beschwerlichen Reise ein.
Als Franz die Augen wieder aufschlug, stand da ein Tisch vor ihm und auf dem Tische lag ein Schwert. Da sprach der Hengst: »Jetzt hau mir mit dem Schwerte den Kopf ab!« »Da wäre ja der größte Undank, den ich an dir begehen könnte«, antwortete Franz, »du hast mir so viel Gutes erwiesen und ich sollte dir dafür das Leben nehmen?« »Tue es nur«, sprach der Hengst, »es wird dein Glück sein und meines.« Weil der Hengst nun so viel bat, nahm Franz zuletzt das Schwert und hieb ihm den Kopf ab; da stand mit einem Male eine schöne Dame vor ihm und sprach: »Fürchte dich nicht, lieber Franz! Ich bin eine Prinzessin von Rußland und war von dem bösen Hermanni entführt und in einen Hengst verzaubert. Nun hast du mich erlöst und vorher hast du mich immer so gut bedient; dafür werde ich dir allezeit dankbar und hilfreich sein. Darum hast du hier einen kleinen Stock; damit schlage, sobald du in Not bist, nur an diesen hohlen Baum; dann werde ich dir aus jeder Verlegenheit helfen.« Franz nahm das Stöckchen zu sich, dankte der Prinzessin und nahm von ihr Abschied; dann begab er sich zu Fuß auf den Weg und kam bald in eine Königsstadt. Da, dachte er, müßte er bleiben und er erkundigte sich, ob nicht etwa ein Gärtner einen Burschen brauchen konnte. Die Leute wiesen ihn zu einem Gärtner, der seinen Garten neben dem Schlosse des Königs hatte. Franz fragte, ob er ihn nicht als Lehrling annehmen wollte; dem Gärtner gefiel der Junge, sie wurden sich einig und Franz trat bei ihm in Dienst.
Nun wies der Gärtner ihm verschiedene Arbeiten an, aber Franz verstand nichts davon und machte alles schlecht. An einem Tage sollte er aus einem Beete, worauf Wurzeln gesäet waren, das Unkraut ausgäten. Der Gärtner sagte: »Das Kraut mit den krausen Blättern mußt du stehen lassen; denn das sind die Wurzeln; alles andere aber ist Unkraut, das raufe aus.« Franz zog nun ein Kraut mit krausen Blättern auf, aber er fand keine Wurzeln daran; da dachte er, es sind keine Wurzeln, und zog die Wurzeln nebst dem Unkraut aus. Als nun der Herr kam und sah, daß das ganze Beet verwüstet war, ward er sehr ärgerlich und sagte: »Geschieht's noch einmal, so jage ich dich aus dem Dienst.« Er wies ihn darauf an, daß er Kartoffeln hacken sollte und zeigte ihm so und so und lehrte ihn wie er's machen müsse, daß die Knollen nicht beschädigt würden und die Pflanzen alle in der Reihe stünden, mit den Rillen dazwischen. Als aber der Herr fortgegangen und Franz allem fortarbeitete, so hackte er alles zu einem ebenen Felde. Nun ward der Herr noch verdrießlicher und drohte: »Geschieht's noch einmal, so jage ich dich ganz gewiß aus dem Dienst.«
Da schickte der Gärtner Franz einmal in den Garten und sagte ihm, er solle nachsehen wie der Weißkohl stünde. Franz kam in den Garten und der Kohl stand gut. Aber er würde doch noch besser aussehen, dachte Franz, wenn er wie die Sträuche im Garten des Herrn Hermanni wäre. Er langte in die Tasche und zog die Zweige hervor, die er damals abgebrochen, und bestrich damit den Weißkohl her und hin, daß er wie lauter Demanten und Gold und Silber funkelte. Das sah die königliche Prinzessin vom Fenster des Schlosses aus und sandte sogleich zum Gärtner und ließ ihm sagen, daß er ihr einiges Gemüse aufs Schloß schicke, aber sein Lehrbursch sollte es bringen. Der Gärtner tat darauf junge Erbsen und Wurzeln in einen Korb und Franz ging damit nach dem Schlosse. »Guten Tag, Mädchen!« rief er, als er eintrat; »Danke«, war ihre Antwort; »Hier bringe ich dir Gemüse, Erbsen und junge Wurzeln.« »Gut«, sagte sie, »komm nur ein wenig herein, setz dich und iß ein wenig.« »Das könnte ich auch wohl tun«, sagte Franz, ging zur Stube hinein, setzte sich an den Tisch, der mit Wein und schönen Speisen wohl besetzt war, und aß und trank, als wenn er in drei Tagen nichts gekriegt hätte. Die Prinzessin freute sich an ihm, als er aber satt war, sagte sie, was sie ihm für das Gemüse schuldig sei. »Hundert Taler«, sagte Franz. Die Prinzessin gab ihm das Geld, soviel er verlangt hatte; als er aber nach Hause kam und sein Herr ihn fragte, wie viel er bekommen habe, da warf Franz die hundert Taler auf den Tisch. Da rief der Herr: »Junge, da hast du viel zu viel genommen.« »Nein«, sagte Franz, »die Prinzessin hat sie mir gegeben.«
Nach einigen Tagen schickte die Prinzessin vom Schlosse zu dem Gärtner und bestellte abermals Gemüse, aber der Lehrjunge sollte es bringen. Da packte der Herr wieder junge Erbsen und Wurzeln in den Korb für Franz und schickte ihn hinauf. »Guten Tag, Mädchen«, sagte er wieder, als er ins Haus trat. »Schönen Dank«, antwortete die Prinzessin. »Hier bringe ich dir wieder Erbsen und Wurzeln.« »Gut«, sagte sie und nötigte ihn herein wie das vorige Mal, bewirtete ihn aufs beste und Franz aß und trank, und trank ziemlich viel Wein, daß er zuletzt auf dem Stuhl einschlief. Da nahm die Prinzessin ihm heimlich die Sträuße von Demanten, Gold und Silber aus der Tasche; als er aber aufwachte, forderte er zweihundert Taler für das Gemüse. Die Prinzessin gab sie ihm und Hans ging vergnügt nach Hause. Aber sogleich als er in den Garten kam, langte er in die Tasche, da waren seine Sträuße weg. Er suchte und suchte, konnte sie aber nirgends finden, er ward ganz verdrießlich und unzufrieden. Sein Herr merkte das und fragte, was ihm fehle und was er verloren. Aber Franz antwortete: »Das kann und will ich ihm nicht sagen.«
Nach einigen Tagen ließ die Prinzessin wieder Gemüse nach dem Schloß bestellen, und Franz mußte damit hin. Als er eintrat, sprach er verdrießlich: »Hier bringe ich euch das Gemüse.« Die Prinzessin bat ihn nun, er möchte doch herein kommen und wieder ein wenig essen; aber Franz wollte nicht. Da fragte sie ihn, was ihm denn fehle? er wäre ja so mürrisch. »Was sollte mir wohl fehlen?« sagte Franz, »meine Sträuße sind weg.« Da antwortete ihm die Prinzessin: »Wenn es nur weiter nichts ist, so sei nur zufrieden; denn die Sträuße habe ich. Als du neulich hier warst, habe ich sie dir aus der Tasche genommen und nun will ich sie dir unter der Bedingung wieder geben, daß du mit mir zu meinem Vater gehst und uns einmal recht deine Kunst zeigst.« Dazu war Franz gleich bereit; die Prinzessin führte ihn zu ihrem Vater, dem König, und sagte: »Hier bringe ich dir den größten Kunstmaler in ganz Europa.« »Das will was sagen«, sagte der alte König, »denn laß ihn einmal seine Kunst zeigen.« Franz nahm nun seine Sträuße und bemalte den Tisch des Königs über und über mit einer Farbe, als wenn es lauter Demanten, Gold und Silber wäre. Der König erstaunte sich, beschenkte Franz reichlich und wollte ihn nach Hause schicken. Allein die königliche Prinzessin stellte ihrem Vater vor, daß sie den jungen Menschen noch heiraten möchte. Das wollte aber der König nicht; allein die Prinzessin sagte, wenn sie Franz nicht haben sollte, denn wollte sie gar keinen Mann haben. Da mußte der alte König einwilligen; Franz ward geholt und gefragt, er sagte nicht nein, und die Verlobung ward gefeiert. Da aber sprach der König zu Franz: »Mein Sohn, jetzt mußt du zusehn, daß du ein Schloß bekömmst; wie wirst du dazu Anstalt machen? du kannst doch nicht eher Hochzeit machen.« Franz antwortete: »Ich verlange weiter nichts von euch, als den großen Heideviert, vierhundert Morgen groß.« »Den sollst du haben«, sprach der König, »aber was weiter?« »Dafür laßt mich sorgen, lieber Vater«, sagte Franz.
Am andern Morgen ritt nun Franz in aller Frühe nach dem Holze zu dem hohlen Baum, den ihm die verzauberte Prinzessin angewiesen hatte. Da schlug er mit dem Stocke, den sie ihm gegeben, daran, und sogleich war sie bei ihm und fragte, was er wolle. »Ich soll mir ein Schloß bauen«, sagte Franz, »aber mir fehlt das Geld dazu.« Da gab die Prinzessin ihm einen kleinen Beutel mit Geld und sagte: »Lange nur hinein und gib aus, er wird nie leer werden.« Franz ritt darauf wieder zum König und sprach: »Jetzt habe ich Geld, nun wollen wir bauen.« Aber der alte König antwortete: »Mein guter Sohn, das schlägt nicht viel an, um ein Schloß zu bauen; dazu gehören andere Summen.« Franz aber sagte: »Ich glaube, daß es ausreicht, und daß in diesem Beutel mehr Geld ist, als in eurer ganzen Schatzkammer.« Nun ließ der König das Geld zählen und Franz sein Geldbeutel ward gar nicht leer; je länger sie zählten, je mehr war darin. Da mußte der König gestehen, daß sein Schwiegersohn reicher wäre als er, und nun ging der Bau des Schlosses vor sich und es ward ein Gebäude, schöner und prächtiger, als irgend eins in der Welt.
Als das Schloß nun fertig war, lud Franz seinen Schwiegervater und seine Braut zu sich und zeigte ihnen alles. Sie waren ganz erstaunt über all die Pracht und den Glanz, aber der alte König sprach: »Es ist hier alles wohl herrlich und prächtig genug; aber mein Sohn, mir ist bange, daß wir bald von Krieg bedrängt werden. Eher kann doch aus der Hochzeit nichts werden.« Der alte König ward ganz bekümmert und traurig; seine Ahnung trog ihn nicht, denn nach wenigen Tagen ließen mächtige Feinde den Krieg ansagen. Aber Franz war gutes Muts und sprach: »Wir haben uns nicht zu fürchten, wenn wir auch ungerüstet sind und nicht so zahlreich wie unsere Feinde; laßt mich nur sorgen, lieber Vater, ich will schon fertig werden.« Er ritt darauf wieder in das Holz, klopfte an den hohlen Baum und da die Prinzessin von Rußland sogleich erschien, sprach er: »Nun bin ich wieder in Not, unser Land ist mit Krieg überzogen, zu klein ist die Zahl unserer Leute gegen die Feinde; ich bitte dich, wenn du kannst, so hilf mir auch jetzt.« Da gab die Prinzessin ihm ein Schwert und sprach: »Wenn du damit an einen Baum schlägst, so werden die Soldaten scharweise herausmarschieren, so viele, als du nur brauchst.«
Als Franz nun wieder zum König kam, hatte der die ganze Mannschaft des Landes aufbieten lassen, und waren da Alte und Junge, Arme und Reiche, Krüppel und Gesunde, Verheiratete und Unverheiratete und lagen alle zum Abmarsch bereit. Aber Franz fragte: »Was sollen all die Leute?« Der König antwortete: »Ich meine, wir haben noch lange nicht genug.« Franz aber sagte: »Wir haben schon viel zu viel, lieber Vater, laßt nur alle die, denen Frau und Kinder nachgeweint haben, nach Hause gehen, und auch die Armen und die Alten und die Krüppel wollen wir hier lassen.« Der König wollte das nicht zugeben, aber Franz sagte: »Weder können noch mögen diese kämpfen; laßt mich nur sorgen, wir wollen schon dem Feinde über werden.«
Nun brach das Heer auf, und nachdem sie eine Zeit lang marschiert hatten, begegneten ihnen die Feinde. Deren waren so viele, daß man, soweit das Auge reichte, nichts als Soldaten und Soldaten sehen konnte. Das ganze Feld blitzte und funkelte von Waffen und die Luft erscholl von kriegerischer Musik. »Nun«, sagte Franz, »wird es Zeit, daß wir auch Anstalt machen und mehr Soldaten holen.« »Wo sollen die wohl herkommen?« fragte der König. Franz antwortete: »Geht nur ein wenig bei Seite, lieber Vater; sie sollen gleich aufmarschieren. Wieviel gebrauchen wir wohl?« Der König meinte, daß er scherze, und wollte es nicht glauben. Aber Franz rief: »Geht nur bei Seite, damit meine Soldaten euch nicht unter die Füße nehmen«, und nun schlug er mit dem Schwerte an eine Eiche und sogleich kamen die Regimenter herausmarschiert, erst sechs Regiment zu Fuß, dann acht Regiment zu Pferde, dann zehn Regiment mit schweren Geschützen. Nun ging die Schlacht an; aber als die Feinde nicht gleich weichen wollten, schlug Franz nur wieder an den Baum; da kamen noch zwölf Regimenter heraus. Da wollte der Feind die Flucht nehmen, aber er ward von Franz seinen Soldaten bis auf den letzten Mann vernichtet. Nun hatte der alte König nichts mehr dawider, daß die Hochzeit gefeiert ward, sondern er freute sich vielmehr, einen solchen Schwiegersohn an Franz zu bekommen. Da ward nun die Hochzeit angerichtet und mit großer Pracht und Herrlichkeit begangen, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben die jungen Leute noch heute; soviel kann man sagen, daß sie allezeit glücklich waren und die Prinzessin nicht mit Franz betrogen war.
Aus Frestede in Dithmarschen. Es wird das Märchen mit dem Grefensberg zwischen dem Dorf und Quickborn und anderen Lokalitäten ziemlich unsicher in Verbindung gebracht. Ihm entspricht das unvollständigere dänische Märchen bei Winther Eventyr. S. 31 und das norwegische bei Moe und Asbiörnsen Nr. 14. Unvollständiger auch bei Grimm, K.- M. Nr. 136.
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