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77. Wiben Peter.

Liliencron, hist. Volksl. 4, 259. Detl. v. Liliencron Ges. W. 3, 368.

(1545.)

1.

Wille gi hören ein ny Gedicht?
Wat kortlich is utgericht,
Darvan wil ick juw singen.
Ein Man is Wiben Peter genant,
De Dithmerschen wolde he dwingen.

He toeg ut sines Vaders Lant;
Darup heft he gerovet und gebrant,
Mit Gewalt vel Gudes genamen,
Etliche gefangen unde weggeföert:
Is nu to Utdracht kamen.

He Heft sik Hans Pomerening genant,
Heft Schaepstede sulvest utgebrant
Mit sinem Broder und Knechten.
Dat worden de Achtundveertig enwaer,
De Sake moste he vorvechten.

Darna wart he gefangen chon,
Dat man em scholde geven sin Lon
Na sinen Vordeenst und Rechte.
To Rensborg wart he gefunden los
Vam adelichen Geschlechte.

It warede nicht gar lange Tyt
Toeg he in düdeschem Lande wyt
Na Karol dem römischen Keiser,
Umme sin Mandat to halen dar;
Unglücklich wart sin Reise.

Den Achtundveertig is Badeschop kamen:
Wiben Peter hedde Knechte angenamen
To Jevern in Freuken Lande.
Damit wolde he up de Dithmerschen nemen
Und don en weh und bange.

Up einen Sonnavent, dat dit geschach,
De was na Hemmelfartes Dag,
Einen Hövedmann hebben se karen:
Boldes Johan, ein framen Mann;
De Schanz de scholde he waren.

Rode Reimer, Klas Fake sin ok erwelt,
Reinholt Grote ein framer Held;
Dat beste deden se raden.
Se segelden ut, all gegen de Flot:
To Hilge Lant kemen se drade.

Se hadden ein Schipken rüstet ut
Mit Victualien und Büssenkrut,
Mit Speisen und guden Schütten.
Ein Jachtken dat was ok darmit;
Dat wart en ok wol nütte.

Se segelden to Hillig Lant langst dat Kliff,
Dar Wiben Peter up bestande blef:
Dat dede em doch nen Baten.
Johan sin Broder de was darbi,
De moste fin Levent laten.

Se lepen dar frischlik an dat Lant.
Wiben Peter twe Baden utgesant
De Hovetlüde to stüren:
De eine was Vaget, de ander Pastor,
Des Name heete Herr Lüder.

He wolde sik gerne fangen geven,
Woldens en fristen sin junge Leven,
Und nemen en gefangen
Wol na des loflichen Koninges Recht:
Darna stunt sin Vorlangen.

Boldes Johan sprak altohant:
»De Dithmerschen hebben mi utgesant,
He schal sik fangen geven.
Heft he dem Koepmann kein Leid gedaen,
Fristen schal he sin Leven.«

Hansken wol to Peter sprak:
»Ik fruchte alhier grot Ungemak;
Och Peter, gif di gevangen.«
Peter hof up sine witte Hant,
Schlog Hansken an de Wangen.

He settede de Kanne vor sinen Munt;
He drank se ut bet up de Grunt.
Ein Fenlin he so drade,
Darto ein Schwert ummet Hövet schwang,
Hadde men de Spiße to bade.

De Dithmerschen lepen an dat Kliff:
Wiben Peter mit Hanse bestande blef,
Dat dede en beid kein Baten:
Twe andere Gesellen weren ok darbi:
Er Levent mosten se laten.

Do heft he men veer Schöte gedaen,
Darmit is he na der Kerken gegaen:
Den Böne heft he gekaren.
Mit finem Broder und Knechten dar
Sin Levent heft he vorlaren.

Dat Schetent warede ein ganze Stunt
Wol in der Kerken to Hillige Lant;
Einer wart gefangen namen.
Vort ganze Lant wart he gefört,
Is em to Unfall kamen.

De Achtundveertig schloten einen Raet
Wegen der drier Doden draet,
Wo ment darmit scholde maken:
Wiben Peter scholde up ein Rat,
Sin Hövet up ein Staken. –

De uns dat nie Leedlin sang,
Reinholt Junge is he genant,
He heft it gar schone gesungen.
He was van twintig Jaren olt,
Den Rei heft he gesprungen.

Jerren Reimer de was darbi:
Reinholt Jung de schreef it fri,
Se hebben it gar wol gesungen.
Se drunken vel lever gut Beer edder Wyn,
Den it Water ut dem Brunnen.

Neocorus II 93 ff. Hans Detleff, Mskr. Fol. 180b ff. – Utdracht Austrag, Entscheidung. Freuken Lant hieß die Herrschaft Jever, weil sie 1515 dreien Fräulein erblich zufiel. Dahlmann zum Neocorus I, 213. karen erkoren, erwählt. Speisen wie früher, Spieße; Spiße Spitze, bate siehe oben S. 31.

2.

Will gi hören einen nyen Sang,
Wat de stolten Dithmerschen gedaen?

Se syn mit Schepen ut getagen,
Büssen und Krut vor vol hadden se geladen.

Runge Michel was Trummenschleger:
Boldes Johan Neocorus auch Wollers Johann. Hans Detlefs Rolves Johann. was Fenikendreger.

De Trummenschleger de schloeg an,
De Fenikendreger de toeg an.

Darmit velln se int Hillge Lant:
Dar wolden se Wiben Peter af han,

De Kerkherr kam entjegen gaen:
»Wo sy gi Hillge Lant so gram?«

»Wi sind dem Hillge Lant nicht gram,
Wi willen men Wiben Peter daraf han.«

De Kerkherr als he dat vornam,
He gieng vor Wiben Peter staen.

»Wiben Peter, du most di vangen geven,
It wil di kosten din junge Leven.«

»Ik wil mi noch nicht vangen geven,
Scholde ik ok nicht ein Stunde mehr leven.

Ik wolde mi noch wol vangen geven,
Hadde ik den mitten Hanenfeder Neocorus und Hans Detlefs auf dem Rande: Reimer Grote..« –

Reimer Grote sprak men ein Wort;
To allen Schöten gingen se vort.

Do se hadden vief Schote gedaen,
Do kam dat Bloet vam Böne afgaen.

Se boden dem Buren einen Daler,
He scholde men Wiben Peter afhalen.

De Buer de dacht in sinem Mot:
»De Daler de were mi wol got.«

He nam Wiben Peter wol bi den Haren,
Und dede en van dem Böne afbören.

He nam Wiben Peter wol bi den Bart
Und warp en dar an Schepesbort.

Dat geschach up einen Pingstedag,
Dat se Wiben Peter up de Heide bracht.

Dar wart he vam dithmerschen Lant,
Mit sinem Broder tom Schwert erkant.

Neocorus II, 96. Hans Detlefs a. a. O. – Auch von diesem Liede gilt das oben S. 68 bemerkte. Das erste Reimpaar ist, wie dort, gleichsam ein Präludium; dann umfaßte die Melodie wohl immer ihrer zwei.

3.

Vor zweihundert Jahren lebte in Heinkenborstel, Kirchspiel Hohenwestede, ein kühner Mann, mit Namen Wiben Peter. Als nun die Kaiserlichen unter Wallenstein hier ins Land kamen, verband er sich mit einer großen Anzahl Bauern, und alle schwuren zu einander zu halten und ihr Leid an den Feinden zu rächen. Es war ein strenger Winter, und die Kaiserlichen lagen in den Dörfern Puls, Ohrsee, Thaden und andern bei großen Haufen einquartiert. Da machte sich Wiben Peter mit seinen Genossen bei Nacht auf, als alles in festem Schlafe lag, umzingelten das erste Dorf und zündeten es auf allen vier Enden an, ließen aber niemand heraus von denen, die fliehen wollten, also daß die Feinde in den brennenden Häusern auf den Kaphölzern der Sparren sitzend, zu Tode gebraten wurden. So haben sie es der Reihe nach bei den übrigen Dörfern auch getan und auf diese Weise die Gegend vom Feinde befreit. Wiben Peter aber kam durch diese seine Heldentaten in solchen Beruf, daß der König ihn nachher in seine Dienste nahm und zu hohen Ehren erhub.

Durch Herrn Schullehrer Rohweder in Thienbüttel. – So hat sich Wiben Peter, der Mordbrenner, freilich in ganz anderen Verhältnissen, selbst im Gedächtnis des eigentlich holsteinischen Bauern erhalten.

*

 


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