Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Titanias Spinnlied

»Am Zauberberge oben,
Im gold'nen Sonnenstrahl,
Hab' ich mein Netz gewoben
Zu deiner Pein und Qual.

Ich hab' dich nicht gerufen,
Du drängtest selbst herbei
An meines Thrones Stufen
Mit endlosem Geschrei.

Was kamst du mir zu stören
Die wonnig süsse Ruh',
Soll mich vielleicht betören
Ein Eselein wie du?

Du willst ein Spiel der Minne,
Verrückter Erdensohn?
Mit goldnen Fäden spinne
Dein Leichentuch ich schon.

Wohlan denn, so ersteige
Des Zauberberges Höh',
Die Sonne geht nur Neige,
Es funkelt rot der Schnee.

Die Sonne ging zur Neige,
Ich spinne fort in Ruh',
Ich spinne und ich schweige,
Und Luna schaut mir zu.

Mein goldenes Gewebe
Jetzt schimmert's silberhell;
Ich webe zu und webe,
Wie geht die Arbeit schnell.

Du aber nahest stille
In Luna's Silberschein,
Wohlan, es war dein Wille,
Fortan bist du nun mein.

In meiner schönen Mache
Verzapple dich zu Tod,
Ich schaue zu und lache
Von jetzt bis Morgenrot.«


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