Das poetische Tagebuch

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Morgen auf der Insel Vido.

Vido, venezianischer Name für die kleine Insel Bidos, der Stadt Kerkyra vorgelagert.

Das Meer erglänzt gleich blauem Stahl,
Wie Well' auf Welle rollt!
Da trifft's der Morgensonne Strahl,
Und plötzlich wird's zu Gold.

Die Berge schliessen klar und rein
Und duftig doch zugleich
Die See in weitem Bogen ein;
Die Luft ist mild und weich.

Ich ruhe unterm Feigenbaum,
Der mächtig sich erhebt
Und über meinem wachen Traum
Sein grünes Laubdach webt.

Aus taubedecktem Grase quillt
Der Kräuter Wohlgeruch,
Und um den Fels dort klagt und schrillt
Die Möv' mit schwerem Flug.

In der Ruinen Steingewirr
Da tummelt sich umher
Der Herden zottiges Getier
Und klettert kreuz und quer.

Die Schwalben schiessen flink dahin
Im Äther ober mir –
»Gleich euch musst' ich nach Süden zieh'n,
Mit euch bin ich auch hier!

Kommt ihr vom weissen Kreidecliff
Am fernen Nordseestrand?
Ich weiss, mir hat ein kleines Schiff
Durch euch dann Gruss gesandt.«