Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Sommer und Herbst.

Ischl 1887.

Mitte August 1887 reiste Elisabeth in die traditionelle kaiserliche Sommerfrische nach Ischl und blieb dort einige Wochen. Hier erreichte sie die Nachricht vom neuesten Familienskandal, den einer der Neffen des Kaisers, Erzherzog Franz Ferdinand, ausgelöst hatte: Er war mit dem Pferd über einen Trauerzug gesprungen.

Eine wahre Begebenheit,

geschehen zu Enns.

Die reifen Ähren wogen
Im heissen Sommerwind;
Von goldner Last gebogen,
Gar hoffnungsvoll sie sind.

Der Himmel, blau und wonnig,
Umspannt das weite Land
Auf das er, lächelnd sonnig,
Viel Segen reich gesandt.

Dort zieht sich breit und lange,
Die staubige Chaussee
Gleich einer weissen Schlange
Im Schatten der Allee.

Jetzt naht sich ein Tross Reiter
Im bunten Waffenkleid;
Sie scheinen laut und heiter,
Geladen ganz mit » Schneid«.

An ihrer Spitze reitet
Ein hoher junger Herr;
Sein Wort, sein Blick sie leitet;
Denn ihm gebührt die Ehr'.

Da kommt ihnen entgegen
Ein schwarzer, düstrer Zug,
Wär'n sie nicht so verwegen,
Sie kehrten um im Flug.

Die Trauerflore wallen,
Das Kreuz der Chorbub trägt;
Die Totenlieder schallen,
Die Brust man weinend schlägt.

Dem Sarg auf schwarzer Bahre
Der Priester schreitet nach
Im dunklen Tuchtalare;
Die Weiber stöhnen: ach!

Es treffen jetzt die Reiter
Zusammen mit dem Zug;
Wär' auch der Weg nicht breiter,
Sie hätten Raum genug.

Doch winkt vom edlen Pferde
Der Chef dem Priester zu:
»Den Sarg hier auf die Erde
Lass, Priester, stellen Du."

Der hat den hehren Sprossen
Erkannt aus hohem Haus
Und teilt drum, unverdrossen,
Sogleich Befehle aus.

»Den Sarg nur schnell zur Erde;
Denn, wie Ihr alle seht,
Der Prinz steigt dann vom Pferde,
Zu widmen ein Gebet."

Doch der setzt auf die Hanken
Den edeln Vollblutgaul,
Spornt ihn jetzt in die Flanken
Und macht ihn leicht im Maul.

Dann fliegt mit leichtem Satze
Er, hopp! über den Sarg;
Erbleichend bis zur Glatze
Der Priester kreischt: »Zu arg!«

Nachtrag.

Sich mit falschen Federn schmücken,
Wird unehrlich stets genannt,
Darum will ich frei bekennen,
Das dies Lied ich nicht erfand,
Nur in Verse hab' gekleidet
Ich, was unlängst erst geschah
Und geheim nicht konnte bleiben,
Da es mehr denn einer sah.


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