Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Wenn ihr die gewohnten stundenlangen Wanderungen wegen ihrer Gichtschmerzen nicht möglich waren, beschäftigte sich Elisabeth mit eingehender Lektüre, in dieser Zeit auch mit den Dichtungen des 1882 verstorbenen amerikanischen Dichters Henry W. Longfellow, den sie sehr schätzte und in dessen Stil sie sich dichterisch versuchte:

Longfellow.

Sternenlicht.

Schweigsam kommt die dunkle Nacht
Still heraufgezogen,
Und am Horizont hat sacht
Sich der Mond verzogen.

Finsternis umhüllet bald
Alles nah und ferne;
Und es zittert klar und kalt
Nur das Licht der Sterne.

Erste Wach' hat Planet Mars,
Hoch am Himmelszelte,
Des Allmächt'gen Machtwort war's,
Das ihn dorthin stellte.

Ist's der Liebe, zart und treu,
Sanftes Sterngebilde?
Nein, ein Held ist's, stolz und frei,
Mit dem roten Schilde.

Und es steigen in mir auf
Tiefernste Gedanken,
Blick' ich zu dem Stern hinauf,
Stern ohn' Zag' und Wanken.

Du, des starken Muts Symbol,
Lächelst meiner Leiden,
Drum erneuert, hoffnungsvoll
Will ich vorwärts schreiten.

In der Brust glüht mir ein Licht
Kalt gleich dem der Sterne;
Wach' dort steh'n als erste Pflicht,
Mars, gab' ich dir gerne.

Stern der festen Willenskraft,
Lass im Busen keimen
Mir, was nur Erfolg verschafft,
Statt nur zwecklos träumen.

Du, der liest dies kurze Lied,
Das ich hier gesungen,
Selbst wenn alle Hoffnung flieht,
Bleibe unbezwungen!

Furcht lass nie an dich heran,
Nie den Vorsatz biegen,
Dir auch wird's dann kund gethan,
Willenskraft muss siegen!


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