Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Von Mitte März bis Mitte April 1888 machte die Kaiserin mit ihrer jüngsten Tochter Marie Valerie eine Englandreise. Marie Valerie schrieb am 10. April 1888 in ihr Tagebuch: »Mama fühlte sich in London so unglücklich und wollte doch nicht weg, ehe ich alles gesehen.« Zu der schlechten Stimmung kam ein Verdruß mit Elisabeths ältester Schwester, Erbprinzessin Helene von Thurn und Taxis, der das folgende Gedicht gewidmet ist:

An meine Schwester Helene.

London, März/April 1888.

Die Stunden schleichen träg dahin,
Und mich erfasst ein wilder Spleen
In Albions Capitale;
Gebannt in's Zimmer krank und matt,
So weltverlassen, lebenssatt,
Fern jedem Sonnenstrahle,
Verwelkt mein Leib, verdorrt mein Geist,
Natur, wie ist dein Kind verwaist
Hier zwischen dunklen Mauern!

Mein Pegasus, mein Flügelross,
Den dieser Kohlendunst verdross,
Entfloh mit wildem Schauern.
Ich bin allein und ohne Trost,
Apathisch bald und bald erbost,
Doch hilft's etwa zu fluchen?
Der Wirbelwind treibt Flocken her,
(Aprilschnee peiniget noch mehr,
Was hat er jetzt zu suchen?)
Dass jetzo ich so elend bin,
Ich weiss, das tat mit bösem Sinn
Der Macbeth Hexen Eine.
In ihrem Kessel böses Kraut
Hat sie mir zum Malheur gebraut
Beim heiigen Neumondscheine;
Denn ihren Drohungen zum Hohn
Kam ich im März nach Albion.


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