Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Inzwischen hatte sich die Affäre um Elisabeths Schwester, Herzogin Sophie von Alençon, weiter entwickelt. Sophie war gewaltsam von ihrem Geliebten Dr. Glaser getrennt und am 11. Juni 1887 in die private Heilanstalt Prof. Krafft-Ebings in Graz eingeliefert worden. Hier wurde sie nicht nur gefangen gehalten, es wurde auch jeder briefliche Kontakt mit Dr. Glaser unterbunden. Die Familie des Herzogs in Bayern, also Elisabeths Elternhaus, stand auf der Seite des Ehemanns und hielt Sophie für geisteskrank. Am 13. Juni reiste Elisabeths Bruder Herzog Carl Theodor nach Ischl, um dem Kaiserpaar die Haltung der Familie zu erklären. (Der I. Teil des Gedichtes s.S. 185ff.)

An Sophia.

Ein Lebensbild.

II.

Mir graut vor diesem Bild, das ich heut' sehe,
Und tiefer Schmerz erfüllet meine Brust;
O wehe! wehe! ja und zehnmal wehe!
Dass zu bemeistern du dich nicht gewusst!

Mir ist, als schaut' ich dich noch wie vor Jahren;
Dem Seraph glichest du an Schönheit ganz,
Umwogt von deinen langen, goldnen Haaren,
Im grossen blauen Aug' des Himmels Glanz.

Ja, seine Stimme selbst war dir verliehen.
Und scholl vom hohen Erker dein Gesang,
So könnt' der Schiffer nimmer weiter ziehen;
Am See gebannt lauscht er dem holden Klang.

Ein andres Bild aus längstentschwundnen Tagen
Ist's, das jetzt meine Seele weinend schaut:
Von einem ganzen Volk emporgetragen,
Stehst du vor mir als holde Königsbraut.Sophie war 1867 einige Monate lang mit König Ludwig II. von Bayern verlobt.

Doch flüstert leise hier nur meine Worte
Und stört den Toten nicht im tiefen See;
Still klagen die gedämpfteren Accorde
In dieses rätselhaften Grabes Näh'.

Du zogst dahin nach fernen, fremden Landen,
Zu teilen eines andern Manns Geschick;Sophie heiratete 1868 den Herzog Ferdinand von Alençon (1844-1910).
Es schien, als würde dir aus diesen Banden
Erblühen endlich dauerhaftes Glück.

Die Jahre kamen wieder und vergingen;
Ob deine Seele jemals glücklich war?
Dass Mann und Kinder liebend dich umfingen,
Dies machte jeder Tag erneut dir klar.

Und bist du glücklich je dabei gewesen?
Es schien die Seele dir voll Bitterkeit,
Doch liessest niemand du darinnen lesen;
O, dass verschlossen sie auch war' noch heut'!

Du bist im Irrenhaus, du bist gefangen,
Ein Opfer deiner tollen Leidenschaft;
Es bricht mein Herz, denk' ich der wilden, bangen
Verzweiflung, die dich packt in deiner Haft.

Du wolltest Mann und Kinder schnöd' verlassen,
Mit dem Verführer in die Weite zieh'n;
Doch muss dein sündhaft Hoffen nun erblassen,
Wo du jetzt weilst, gelinget kein Entflieh'n!

Fürwahr es kennt dein Unglück keine Grenzen,
Und namenlos sind deine Schmach und Schand;
Entsetzt hat sich vor deinen vierzig Lenzen
Auch selbst die Poesie dir abgewandt.


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