Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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I.

An der grünen Isar

Wo duftend sich die Elsenblüten neigen
Zum grünen Strom in Luna's Silberlicht,
Das gaukelnd auf des Baumes schlanken Zweigen
Bezaubernd sich zugleich im Wasser bricht,
Dort tanzen Elfen nächtlich ihren Reigen,
Und wem's an keckem Mute nicht gebricht,
Dem wird die Elfenkönigin sich zeigen, –
Entschleiernd ihm ihr bleiches Angesicht.
Doch wird ein Sterblicher den Pfad wohl finden,
Um den sich tausend Silberwellen winden?

II.

Titanias Zauberschloss. Villa Hermes

In der Abgeschiedenheit des Lainzer Tiergartens nahe Wiens ließ Kaiser Franz Joseph in den achtziger Jahren für seine Gemahlin ein kleines Sommerschloß bauen, das sie nach dem griechischen Gott Hermes (dessen Statue noch heute vor dem Schloß steht) benannte. Eine hohe Mauer schloß das Terrain gegen Außenstehende ab. Hier in »Titanias Zauberschloß« gab sich die Kaiserin ganz ihren Phantasien und Dichtungen hin.

Verzaubert der Garten, verzaubert das Schloss, verdross.
Der Jüngling musst' warten, trotzdem 's ihn
Ein lichtgrünes Märchen im mailichen Schmuck,
Doch liebenden Pärchen ist abhold jetzt Puck.
Es duften die Linden, der Weissdorn erblüht,
Ein Laubdach zu winden sind Buchen bemüht;
Die Eichen entfalten ihr zartestes Grün,
Den Zaubergewalten, die rings sie umblüh'n.
Der Jüngling muss warten, auch wenn's ihm verdriesst,
Puck ist's, der den Garten heut sorglich verschliesst.

III.

Titania wandelt unter hohen Bäumen,
Mit weissen Blüten ist ihr Pfad bestreut,
Die Buchen rings, die alten Eichen keimen,
Es scheint der Wald ein Dom dem Mai geweiht,

Ein Dom durchweht von märchenhaften Träumen,
Ein Zauberort verborgen und gefeit.
Maiglöckchen läuten duftend süsse Lieder,
Und gold'ne Falter schweben auf und nieder.

Die weisse Hirschkuh folgt Titanias Schritten,
Nicht flieh'n die wilden Mouffelons vor ihr,
Eichhörnchen ist vom Stamm herabgeglitten
Und grüsst die Königin im Forstrevier.

Der scheue Kuckuck ist nicht abgeritten,
Lauscht sie doch täglich seinem Rufe hier;
Die wilde Taube girret im Gezweige,
Und goldig geht ein Maientag zur Neige.

Im Mondlicht ruht Titania gern, dem blassen,
Ihr Lieblingsreh schaut dann zu ihr empor,
Wie ihre Arme zärtlich es umfassen;
Den wilden Eber krault sie hinterm Ohr.

Doch nie und nimmer werden zugelassen,
Die draussen an des Zauberwaldes Thor,
Um Einlass fleh'n mit Schreien und mit Scharren,
Die alten Esel und die jungen Narren.

IV.

Im mailich ergrünenden Walde
Da steht ein verzaubertes Schloss,
Auf blumendurchwucherten Halde
Ruht träumend das Wild in dem Moos.

Es wölben die Buchen und Eichen
Zum Dome sich rings um das Haus,
Die blühenden Weissdorne reichen
Den bräutlichen duftenden Strauss.

Der Sonne, dem goldenen Glanze
Verschliesst sich der Wald und das Thor,
Doch schweben allnächtlich zum Tanze
Die lieblichen Elfen hervor.

Dann lässt sich Titania erblicken
Auf schneeweisser Marmoraltan.
Doch wird es dir Jüngling wohl glücken,
Dem Zauberschloss jemals zu nah'n?

V.

Alfred, der verzauberte Eber

Alfred, ich liebe dich,
Borstiges Ungetüm!
Milde und minniglich
Bald und bald ungestüm;
Waffen wie Elfenbein
Zieren den Rüssel dein,
Schrecklich dem Feinde nur,
Folgst du doch meiner Spur
Lammgleich und immer treu,
Selbstbewusst, stolz und frei.
Blickst mich so zärtlich an,
Wie du dereinst getan,
Alfred, im Zaubertal,
Fern bei der Cserna Fall –
Blickst mich so traurig an,
Kirke hat diess getan,
In ihrem Zauberbann
Liegst du nun Unglücksmann!

VI.

Du schriebst mir Briefe ohne Zahl,
Von ganz abnormen Längen,
Du maltest drastisch deine Qual
In Prosa und Gesängen.

Und nun folgt gar dein Conterfei,
Ein Bild rein zum verlieben,
Doch ach! Die Zeiten sind vorbei,

Aus meiner hohen Eisregion
Ruf ich zu dir hernieder:
Dein Minnen ist umsonst mein Sohn
Erstarrtes grünt nie wieder.

VII.

Auf dem Zauberberge

Jainzen bei Ischl.

Es küsst des Zauberberg's Höhe
Der scheidenden Sonne Strahl;
Tief unten in seinem Wehe
Da steht ein Jüngling im Thal.

Viel goldene Lichter umspielen
Die Tannen auf Bergesspitz,
Titania ruhet im Kühlen
Dort hoch auf moosigem Sitz.

Sie lauscht des Waldbach's Geplätscher,
Sie grüsset den Abendstern,
Sie schaut den rosigen Gletscher
Im blauenden Äther fern.

Da steiget aus Thalesgrunde
Ein Klagelaut ihr an's Ohr,
»Wer schickt mit klagendem Munde
Den Weheruf mir empor?«

»Ich bin es, Jüngling der Leiden,
Verzaubert hast du mein Herz,
Vergebens wollt' ich dich meiden,
Nur heftiger ward mein Schmerz.

Seit Tagen, Monden und Jahren
Verfolge ich deine Spur,
Wähnt' ich mein Glück zu gewahren,
So war es sein Schatten nur.

Ich suche nur deine Liebe,
Ich opfere Hab und Ruh',
Und wenn mir auf Erden nichts bliebe,
Mein Endziel bleibst doch du!«

»Mein Jüngling, was ich da hörte,
Betört mir nimmer den Sinn,
Zumal ich auf dieser Erde
Viel hundert Jahre schon bin.

Ich glaube nicht an die Liebe,
Was dir dein Leben vergellt,
Das sind ganz andere Triebe,
Ich ahne wohl, was dir fehlt.

Mein Jüngling du hast wohl Schulden,
Und wähnst in schlauem Sinn:
Die Liebe mit goldenen Gulden
Lohnt mir meine Königin.«

VIII.

An Liebe glaube ich nicht mehr,
D'rum geh' von mir.
Ich rief dich niemals zu mir her,
Was suchst du hier?
Viel hundert Jahre bin ich alt,
Jung bist noch du,
Mein Herz ist kalt, so eisig kalt,
Kehr' heim in Ruh.

IX.

Die mittäglich glühende Hitze,
Die schläfert die Wächter rings ein,
Doch hoch auf des Zauberberg's Spitze
Da weilet Titania allein.

Sie ruhet auf moosigem Sitze
In Phöbus' belebendem Schein.
Doch wer wird den Aufstieg entdecken,
Den neidische Wälder verstecken?

X.

Ein Irrlicht tanz' ich vor dir her,
Im hellen und im dunklen,
Bald siehst du mich auf hohem Meer,
Bald auf dem Berge funkeln.

Früh wink' ich dir im Gletschereis,
Nachts von der Cserna Fluten,
Umspinnend dich in goldnem Kreis
Mit meinen kalten Fluten.

Besitzest du den kecken Mut,
Mich jemals zu erreichen?
Doch tödtet meine kalte Glut,
Ich tanze gern auf Leichen.

XI.

Des Kuckuck's Ruf verstummt, die Blüten sanken,
Und wieder zog ein holder Lenz vorbei;
Der alten Erde minnigster Gedanken,
Er schwand dahin mit ihrem Liebling Mai.

Auch meinem Herz, dem wankelmütig kranken,
Selbst kurze Lenzeslust blieb ihm nicht treu;
Es suchte wie in längstvergangnen Tagen
Das Glück der Zaubermärchen und der Sagen.

Und du bist fort, bist wirklich mir entschwunden –
Was riss urplötzlich dich aus meiner Näh'?
Willst du vom wilden Fieberwahn gesunden?
Flieh'st du den Boden jetzo, wo ich steh'?

Hast dein bezaubert Herz du schwach befunden,
Stärkst du's in DräsdenAlfred Gurniak stammte aus Dresden. wieder mit Café?
Das schrecklichste selbst lasse mir's bald wissen,
Ist, wehe dir! dein gelber Rock zerrissen?

XII.

Titania reicht aus ihrem goldnen Kranze
Dir einen Zweig, eh' sie auf ewig flieht;
Vergebens suchst du sie beim Elfentanze,
Umsonst bist du um ihre Spur bemüht,
Du dringst doch nimmermehr durch jene Schanze,
Die sie von dir auf alle Zeiten schied.
Du selber hast den Zauber schnöd gebrochen,
Mit ihren Elfen ist sie nun entflogen.
(Oder: Du magst nun flehen, schmeicheln oder drohen,
Mit ihren Elfen bleibt sie dir entflohen.)


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