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Zur Feier von Franz Josephs Geburtstag am 18. August 1887 fand ein Familiendiner in der Ischler Kaiservilla statt. 25 Familienmitglieder waren anwesend.
Es läuten zu dem Feste
Die Glocken loyal froh;
Ich wünsche mir das Beste.
War' ich nur heut' ein Floh!
Ich biss' die hohen Gäste,
Es juckte sie dann so,
Die Herr'n unter der Weste,
Die Damen am P–o;
Sie sprängen hoch und leste,Flink, hurtig.
Als brenn' es lichterloh,
Verzweiflung jede Geste,
Die Wagen schnell, heiho!
Ich aber hätt' das Beste;
Los war' ich Aller so.
»Heute will ich Dich zerstreuen«,
Spricht Titania zum Gemahl;
»Denn ich weiss, Dich kann nicht freuen
Deiner Jahre hohe Zahl.
Muss Dich leider embêtieren
Der Familie grosser Chor,
Stell' ich, Dich zu divertieren,
Sie als Tiere dann Dir vor.
In viel goldenen Karossen
Werden sie den Berg herauf
Schon von Deinen weissen Rossen
Hergeführt in raschem Lauf.
Wir zwei harren in der Halle,
Die mit Blumen reich geschmückt;
Nach dem Range werden alle
Lieben hier ans Herz gedrückt.
Dicke, Dünne, Alte, Junge,
Jedes kommt jetzt an die Reih',
Unverschämt lügt jede Zunge:
»Euch zu seh'n, wie ich mich freu'!«
Nach des Wiederseh'ns Entzücken
Setzt man sich zum reichen Mahl
Und mein Stab berührt den Rücken
Jedes Gastes nun dreimal.
Ob'ron, ei! zu Deiner Rechten
Welch' ein mächtig Trampeltier,Elisabeths Schwiegertochter, Kronprinzessin Stephanie, die pompöse Auftritte in der Öffentlichkeit liebte.
Statt der langen falschen Flechten
Siehst du blondes Fell jetzt hier!
Doch die Augen sind dieselben,
Listig lauernd wie vorher,
Auch die Löckchen noch, die gelben,
Liegen auf der Stirne schwer.
Und den Stolz in seinen Zügen
Trägt es selbst als Trampeltier;
Volksgejohl ist sein Vergnügen
Vivat! Slava! sein Plaisir.
Darum zieht's in allen Städten,
Märkten feierlich herum;
Voraus muss der Tambour treten;
Aufgepasst! nun kommt's, bum, bum!
Oberon zu Deiner Linken
Einer rackerdürren Sau
Blaue Äuglein ehrlich blinken,
Ähnlich Dir fast im Geschau.Gemeint ist die älteste Tochter des Kaiserpaares, Gisela, die mit Prinz Leopold von Bayern verheiratet war und vier Kinder hatte. Elisabeth hatte zeitlebens kein inniges Verhältnis zu dieser Tochter.
Ihre Ferklein, herzig kleine,
Bracht' sie aus dem Nachbarreich;
Sehen dort dem Vaterschweine
Bis aufs letzte Härchen gleich.]
Mit den angestammten Rüsseln
Arbeitet das emsig los
In den Tellern, in den Schüsseln;
Leises Grunzen hört man blos.
Jener alten grauen Katze,
Räudig und mit gelbem Zahn,
Scharfen Krallen in der Tatze,
Sieht man gleich ihr Welschtum an.Großherzogin Marie Antonie, geb. 1814, die Witwe des letzten Großherzogs von Toskana, Leopold II. Sie war eine Tochter König Franz I. von Neapel-Sizilien.
Bracht' zur Welt auch viel Geziefer,
Wie's bei Katzen so Manier,
An der Tafel etwas tiefer
Siehst Du Muster davon hier.
Von dem ersten Wurf ist jener
Borstig weisse alte Fuchs;Erzherzog Ferdinand IV. Salvator, geb. 1835, der älteste Sohn des letzten Großherzogs der Toscana. Aus seiner zweiten Ehe mit Erzherzogin Alice, einer Tochter Herzog Carls III. von Parma, stammten neun Kinder.
Ins Gesicht thut niemand schöner
Dir und beisst Dich hinterrücks.
Seine Gattin, eine fette,
Kleine, dralle Bauernkuh,
Bringt ihm jährlich zwerghaft nette
Junge. – Zahlen musst dann Du.
Von dem zweiten Wurfe stammen
All die Kirchenmäuse dort,Erzherzog Carl Salvator, geb. 1839, der jüngere Bruder Ferdinands IV. Er war mit Maria Immaculata, einer Tochter König Ferdinands II. von Neapel-Sizilien, verheiratet und hatte mit ihr zehn Kinder.
Bettelarm trotz hoher Namen,
Pflanzten rasend schnell sich fort.
Oft thun Dir die Ohren gellen,
Wenn der alte Mäus'rich piepst,
Doch der Jungen fromme Seelen,
Sah' ich gern, dass du sie liebst.Der Zweitälteste Sohn Erzherzog Carl Salvators, Erzherzog Franz Salvator, geb. 1866, war der Auserwählte von Elisabeths Lieblingstochter Marie Valerie und daher für Elisabeth liebenswert.
Dieser sanften, tauben TaubeDie dritte Gemahlin Erzherzog Karl Ludwigs, des jüngeren Bruders des Kaisers, war die aus dem Hause Braganza stammende Erzherzogin Maria Theresia, die in ihrer Ehe viel zu leiden hatte.
Hilft ertragen den Gemahl
Nur ihr felsenfester Glaube
An ein Jenseits nach der Qual.
Wolfsmilch aus den Apenninen
Sog hier dieser Hund, halb Wolf,
Stammt aus eines Reichs Ruinen
An Neapels blauem Golf.Der älteste Sohn Erzherzog Karl Ludwigs und spätere Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand. Er stammte aus der zweiten Ehe seines Vaters mit Prinzessin Annunziata von Neapel-Sizilien. Über seine Späße s. S. 255 ff.
Während von des Vaters Seite
Er Hispaniens Stolz bekam,
Sahen doch gar manche Leute,
Wie er schmählich sich benahm.
Eine wilde, tolle Rotte,
Heult mit Brüdern er bei Nacht;
Sicher ist oft nicht der Tote,
Wenn er seine Spässe macht.
Nun, nach all den lieben Tieren
Rühr' ich den da an zum Schluss,
Weil den Stab desinfizieren
Ich nach diesem schleunigst muss.
Ekelhaft ist mir der Affe,Der jüngste Bruder des Kaisers, Erzherzog Ludwig Viktor, wurde von Elisabeth wiederholt als »Affe« und höchst geschwätzig gekennzeichnet.
Boshaft, wie kein andres Vieh;
Solcher Tag scheint wahre Strafe,
Seh' ich ihn, den ich sonst flieh'.
Hässlich, wie es anzuschauen,
Ist sein Maul auch lasterhaft,
Stets erfasst mich innres Grauen
Trifft mich seine Nachbarschaft.
Doch das Mahl könnt' jetzo enden,
Die Karossen fahren vor,
Pöbel gafft aus allen Ständen
An des Zaubergartens Thor.
Aber halt! Die Unbewussten
Schicken wir doch so nicht weg;
Kriegen in den Tieres-Krusten
Draussen sonst am End noch Schläg'.
Darum will mit Blitzesschnelle
Ich entzaubern sie gleich hier;
Treten über Ob'rons Schwelle
Lass ich Menschen, statt Getier.
Nur der Letzte kann so bleiben,
Macht auch keinen Unterschied,
Ob das Volk sein äffisch Treiben
In der Affenhaut besieht.«
*
»Nun sind sie fort, und über Saal und Halle
Schwebt wieder die gewohnte süsse Ruh',
Längst schwand der goldnen Sonne Strahl dem Thale,
Und ferne Sterne winken uns dort zu,
O tritt hinaus in Deinen Zaubergarten,
Und freue Dich der stillen Sommernacht,
Wo tausend Blumen Deiner duftend warten.
Von Rosen wird Dir noch ein Hoch gebracht!
Doch sieh! Dort steigen prasselnde Raketen
Zu Deinem Wiegenfeste, Oberon;
Wenn wir auch länger gern bestaunt sie hätten,
Rasch schwinden sie dem Blick im Dunkel schon.
So scheinen sie ein Bild der Lebensjahre,
Die allzu flüchtig Dir dahin geeilt,
Um welche, wie ich heute wohl gewahre,
Dir banges Trauern in der Seele weilt.
O wende Deinen Blick auf jene Sterne,
Die ewig leuchten dort am Firmament,
In denen unsre Seele dankbar, gerne
Den Schöpfer alles Hehren preist und kennt!
So werden, wenn die Jahre längst entschwunden,
Noch leben Deine Thaten fort und fort;
Dass Du einst warst, wird dankbar nachempfunden,
Und segnen wird Dich noch manch betend' Wort.«