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Seit dem Tod Ludwigs II. spielte Elisabeth mit Selbstmordgedanken. Sie ließ ihrer Phantasie auch in dieser Hinsicht freien Lauf, wie im folgenden Gedicht, das wie der »Mondspuk« (S. 93) ihre tote Seele auf der Suche nach der Lieblingstochter Marie Valerie darstellt.
Im hellen Mondenlichte,
Mein Kind, mein liebes Kind!
O zeig' mir dein Gesichte
Am Fenster hier geschwind!
Ich komme aus der Nordsee,
Mein Schiff ging dort zugrund;
Ich hatte solches Herzweh
Um dich in dieser Stund'.
Nun liegt mein Körper unten
Im tiefsten Meeresgrund,
Die Riffe dort, die bunten,
Die rissen ihn noch wund.
In meinen Zöpfen betten
Die Seespinnen sich ein;
Ein schleimig Heer Maneten
Besetzt mir schon die Bein'.
Auf meinem Herzen kriechet
Ein Tier, halb Wurm, halb Aal;
Die Fersen mir beriechet
Ein Lobster-Kardinal.
Es haben mir umschlungen
Medusen Hals und Arm;
Und Fische, alte, junge,
Die nähern sich im Schwarm.
An meinen Fingern saugen
Blutegel, lang und grau,
In die verglasten Augen
Stiert mir der Kabeljau.
Und zwischen meine Zähne
Klemmt sich ein Muscheltier.
Kommt wohl die letzte Thräne
Als Perle einst zu dir?
Mein Kind, ich will nicht klagen
Ob dem, was mir passiert',
Ich wollt' dir schnell nur sagen,
Die Seele sei salviert.
Im leichten Mövenkleide
Treib' ich mich jetzt umher
Auf Felsen, weiss wie Kreide,
Und bald am hohen Meer.
So lange du auf Erden,
Ist mir der Himmel leer,
Ich könnt' nicht selig werden,
Wenn ich allein dort wär'!
Wir wollen ihn beziehen
Vereiniget dereinst;
Heut' wollt' ich mich nur mühen,
Dass du nicht um mich weinst.
Doch jetzt im Mondenlichte,
Mein Kind, mein liebes Kind!
Zeig' mir noch dein Gesichte
Am Fenster hier geschwind!