Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Vier Gerippe.

»Wollen wir nicht heimwärts kehren?"
Frägt mich jetzt der Steuermann;
»Lang wird nicht der Tag mehr währen,
Auch die Ebbe fängt schon an."

Hungrig sind die zwei Matrosen,
Lang schon sind wir auf dem Meer,
In den dunkelblauen, losen
Jacken schau'n sie triste daher.

»Nein, ich will noch weiter fahren,
Fahren bis an's End der Welt!"
Wenn uns auch bei solch' Gebaren,
Alles Fleisch vom Knochen fällt.

Mögen Tage auch vergehen,
Wochen, Monde noch dazu,
Endlich wird im Boot man sehen
Vier Geripp' in tiefer Ruh'.

Ohne Segel, ohne Steuer
Zieh'n die vier Gerippe fort:
»Dieses Boot ist nicht geheuer".
Keine Seel' wagt sich an Bord.

Oft in hellen Sommernächten
Glänzen dann gleich Elfenbein
– Und zwar wie vom schönsten, echten –
Vier Geripp' im Mondenschein.

Wieder, wenn die Stürme hausen
Und der Himmel schwarz und trüb,
Wenn empört die Wogen brausen,
Klappern laut die vier Geripp'.

Doch sie müssen weiterfahren.
Fahren bis ans End' der Welt;
Erst, wo dieses sie gewahren,
Ist's, wo Ruh' ihr Bein erhält.

Doch sie werden's nie erreichen;
Denn die Welt, sie ist ja rund;
Und es schlägt den armen Bleichen
Niemals ihre Ruhestund'.


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