Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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In Schönbrunn gedenkt Elisabeth-Titania vergangener, glücklicherer Tage und beklagt die erkaltete Liebe zu Franz Joseph.

Titania.

I.

Tief ermüdet geht Titania in dem Garten auf und nieder,
Löst sich sinnend ihre Flechten, dichtet wandelnd neue Lieder,
Und sie denkt der längstvergangnen Zeiten, wo sie hier geweilet;
Sieht noch, wie im Mondenscheine dem Geliebten zu sie eilet –
»Hier auf dieser Bank, da sassen Arm in Arm wir lang verschlungen,
Während draussen am Parterre musiziert wird und gesungen;
Dorten steigen auf Raketen, glühen Feuer aus Bengalien,
Hier dringt kaum des Vollmonds Silber durch das Laubdach der Kastanien.

Und wir tauschten heisse Küsse, wie die Vollmondnacht, noch schwüler,
Dachten nicht des nahen Morgens, wo es grau wird, ach! und kühler!«
So Titanias schwermutsvolle Abendgangerinnerungen.
Weh'! Es bleibt die graue Farbe, wenn das Lied auch längst verklungen!

II.

Die Menschen wollen wissen,
Warum ich immer grau?
Die hellen Farben missen
Das Rot sie und das Blau.

Dass sich noch keiner dachte,
Ich sei sentimental;
So oft die Lieb' mir lachte,
War grau doch meine Qual.

Mocht' ich auch anfangs wähnen,
Ich liebte ein Genie;
Es war des Schicksals Höhnen;
Denn das passiert' mir nie.

Den toten Herrn Getreuen
In schwarz ehrt die Witfrau;
Aus Penitenz kasteien
Thu' ich mich gern in grau.

III.

Gold'ne Tage stiller Ruhe,
Klösterlicher Einsamkeit!
Tief ins Herz euch eingetragen
Hab' ich, voller Dankbarkeit!

Ganz allein mit den Gedanken,
Die kein fremder Misston stört;
Tag und Nacht das tiefste Schweigen –
Glücklich, wer nur sich gehört!

Bei dem Springquell mich ergehend,
Lieblingsdichter in der Hand,
Schweift der Geist auf leichten Flügeln
Weit ins unbekannte Land.

Staunend sieht er Indiens Schätze,
Des Polarsterns helle Pracht,
Freut sich an der Lotosblume,
Zittert in der wilden Schlacht.

Lauscht entzückt den Göttersagen,
Eines Jasons Heldenthat;
Steigt mit TetisThetis, die Mutter des Achill. aus dem Meere,
Wo Achill ruht am Gestad.

Rastlos könnt' mein Geist so folgen,
Nichts schien ihm zu hoch, zu weit;
Tage kaum, ja fast nur Stunden
Dünkte ihm die Ewigkeit.

Nur wenn ird'sche Lieb' sie singen,
Dann erlahmt mein Flügelschlag;
Machtlos fallen meine Schwingen,
Grau umdüstert sich der Tag.

Trauernd denk' ich, wie ich einstens,
Eva gleich im Paradies,
Mich durch frevelhafte Neugier
Ach! so arg verleiten liess!

Hatt' aus bunten Thonpagoden
Eine nette Garnitur,
Wie man den Kamin mit zieret;
Eitel Spielwerk freilich nur.

Wollte doch einmal erforschen,
Ob ein Fünkchen Geist nicht sei
Tief im Grund vielleicht verborgen. –
Und ich schlug die Köpf entzwei.

Und so schlug ich ganz zu Scherben
Einen nach dem andern her;
Kam zur Einsicht, zu der herben,
Dass sie alle komplett leer.

IV.

Anti-Trinklied.

Für mich keine Liebe,
Für mich keinen Wein;
Die eine macht übel,
Der andre macht spei'n!

Die Liebe wird sauer,
Die Liebe wird herb;
Der Wein wird gefälschet
Zu schnöden Erwerb.

Doch falscher als Weine
Ist oft noch die Lieb';
Man küsst sich zum Scheine
Und fühlt sich ein Dieb!

Für mich keine Liebe,
Für mich keinen Wein;
Die eine macht übel,
Der and're macht spei'n!


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