Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Von Ischl aus unternahm das Kaiserpaar am 23. April 1887 einen Ausflug an den Wolfgangsee und ließ sich dort die Villa Frauenstein öffnen, die Katharina Schratt (»dein dicker Engel«) im Sommer zur Miete bewohnte.

Wallfahrt.

Wolfgangsee, 23. April.

Der Wonnemonat war's zwar nicht,
Doch selbst April hat Tage,
Wo, wenn's an Schatten auch gebricht,
Ganz herrlich die Staffage.

Zumal des Alpensees Charme
Lockt in die hohen Berge;
Wie schlägt uns da das Herz so warm,
Wir atmen förmlich Stärke!

Die Wiesen, einem Teppich gleich,
Gestickt sind sie mit Blumen;
Und über diesem Farbenreich
Hört man die Käfer summen.

Doch wären wir auch disponiert,
Ein bischen hier zu weilen,
Dem höhern Machtwort wird pariert,
Wir müssen vorwärts eilen.

Ja, vorwärts ist das Losungswort
An diesem Nachmittage;
Vom Hügel winkt ein Häuschen dort,
Idyllisch ist die Lage.

Die Liebe ist der Führer heut'
In einem blauen Röckchen;
Zum Hohn dem Alter und der Zeit,
Springt sie noch wie ein Böckchen.

Den Gärtner schnell, die Schlüssel her,
Zeigt ihm nur jedes Plätzchen;
Denn steh'n sie jetzt auch öd und leer,
Einst weilte dort sein Schätzchen.

»Nur Vorsicht, teuerster Cousin,
Du könntest dich verkühlen
Gar sonnig war der lange Chemin,
Im Haus ist Frost zu fühlen.

O zügle deine Efusion,
Lass erst die Bäume sprossen!
Dein dicker Engel kommt dann schon
Im Juni mit den Rosen."


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