Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

In den achtziger Jahren wurden immer häufiger Skandale um die jungen Erzherzöge bekannt, vor allem über die ältesten Söhne Erzherzog Karl Ludwigs, Franz Ferdinand und Otto. Otto machte 1886 von sich reden, als er bei einem Gelage in seiner Garnison in Klagenfurt die Bilder des Kaiserpaares aus dem Fenster warf und obszöne Späße mit ihnen trieb, und schließlich in Wien, ebenfalls in volltrunkenem Zustand, seine Kumpanen ins Schlafzimmer seiner Frau, Erzherzogin Maria Josepha, führte, um ihnen, anspielend auf die große Frömmigkeit Maria Josephas, »eine Nonne« zu zeigen.

Nur dem Dazwischentreten eines Adjutanten, des Grafen Dürkheim, war es zu danken, daß Ottos Plan schließlich vor der Schlafzimmertür seiner Frau scheiterte. Die Kaiserin war über die Exzesse höchst erbost, unterhielt sich auch mit ihrer jüngsten Tochter immer wieder über diese Neffen ihres Mannes, so schrieb Marie Valerie am 9. Januar 1887 in ihr Tagebuch: »Den ganzen Tag mit Mama, sprachen ... von Otto, dem man die schrecklichsten Sachen nachsagt, vom schlechten Zustand der kaiserlichen Familie und Österreichs im Allgemeinen und Mama prophezeite viel Unheil ...«

Auch Marie Valerie beklagte häufig die desolaten Verhältnisse in der Verwandtschaft, so zum Beispiel am 6. Februar 1887: »Was wünsche ich sehnlicher, als weit fort von den hiesigen Verhältnissen, von den Intrigen dieser Familie, wo ein Frevler, ein Majestätsbeleidiger wie Otto nicht bestraft wird, wenn er das Bild seines Kaisers in den Straßenkot wirft ...«

Eine wahre Geschichte.

Geschehen zu Klagenfurt im Jahre des Heils 1886.

»Hollah! Habsburg! was ist los?
Stierst Dir verzweifelnd in den Schoss,
Und ringst die alten Hände.
Als nahte schon Dein Ende!«

»Wehe! wehe! dass erleben
Musst' ich diesen Trauertag!
Weh, dass je mein Schoss gegeben
Den, der meine grösste Schmach!«

»Alte, lass das Lamentieren!
Sag' mir lieber, was geschah;
Kann denn nichts mehr Dich kurieren,
Sind schon gar die Russen nah?«

»Schwer bedrängt bin ich von aussen
Und von Feinden rings umstellt;
Doch daheim das wüste Hausen
Ist's, was meine Grösse fällt.

Meiner jüngern Söhne einer,
Hoch im Rang, doch in Conduite
Tief, wie niemals ein Gemeiner,
War's, der heut' mein Herz zerschnitt.«

In der Kneipe welch ein Toben,
Zechen und Pokalgeklirr!
Gibt das Beispiel doch von oben
Der Erzherzog-Offizier.

Tische, Stühle müssen springen
Und in tausend Trümmer geh'n,
Gläser rings in Scherben klingen,
Alles auf dem Kopfe steh'n!

»Nun zum Schluss sollst du auch fliegen,
Kaiser mir und Ohm zugleich,
Mit der Frau Gemahlin liegen
In dem Dreck dort unten weich!«

Sagt's, und beide Bilder flogen
Aus dem Fenster in den Kot
– Wenn die Fama nicht gelogen –
Zu des Bürgermeisters Not.

Doch hier endet nicht die Roheit
Der besoffnen Heldenschar;
»Folgt mir«, ruft die trunkne Hoheit
»Reuen soll's Euch nicht, fürwahr!

Führen will ich euch nachhause
In mein kaiserlich Quartier;
Und nach unserm guten Schmause
Seht Ihr Schönes noch bei mir!

Dort, im leichten Nachtgewande,
Liegt im grossen Ehebett
Meine Frau vom Sachsenlande;Erzherzogin Maria Josepha (1867–1944) war eine gebürtige Prinzessin von Sachsen.
Und, auf Ehr', sie ist ganz nett!«

In die nächtlich leeren Gassen
Stürzen die Herrn Offizier;
Bald ertönet in den Strassen
Ihr Gejohl' und Sporngeklirr.

Doch noch gibt es einen Braven,
Der da schützt mit seinem Leib
Gegen all die Hunde, Sklaven
Das bedrohte junge Weib.

»Eintritt über meine Leiche
Gibt es nur in dies Gemach!
Eher sterb' ich, als ich weiche,
Fluch auf Euch und Eure Schmach!«

So beschwor die letzte Schandthat
Des Erzherzogs Adjutant.Graf Dürkeim.
Meiner Chronik ein Gedenkblatt,
Dankbar sei's nach ihm genannt.


 << zurück weiter >>