Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Seelieder.

An Bord der »Prinzess Louisa«.

Es bläht der Wind die Segel,
Die Flut schlägt an den Kiel;
Der faule Fischerflegel
Stiert auf der Wellen Spiel,
Beisst träumrisch seine Nägel;
Wir steuern ohne Ziel.

Wir gleiten zu ins Blaue,
Wohin der Wind uns treibt;
Die Juliluft ist laue,
Die Woge schaumbestäubt,
Es knarrt der Mast am Taue,
Wie er im Holz sich reibt.

An Dampfern und Fregatten
Da zieh'n wir flink vorbei,
Gar stolz geh'n sie von statten,
Doch wir sind leicht und frei;
Reich sind sie und beladen;
Uns ist dies einerlei.

Die kleinen Fischerboote
Die bleiben weit zurück;
Es sucht zum lieben Brote
Der Fischer dort sein Glück;
Froh zählt des Abends tote
TurbotsSchollen. er dann per Stück.

Wir bleiben plötzlich stehen;
Der Wind liess uns im Stich,
Die faulen Wellen drehen
Sich kaum jetzt, dass er wich.
Ob wir wohl Land heut' sehen?
Schliesslich, was kümmert's mich.

Die grossen Dampfer fahren
Verächtlich jetzt vorbei
Mit ihren Kisten, Waaren,
Aus China und Türkei;
Wie stolz auch ihr Gebaren,
»Bosh«Engl.: Unsinn. ist es für uns zwei.

Hier taucht die wilde Ente
Aus krausem Nass hervor,
Als ob sie es verstände,
Schaut sie zum Boot empor;
Doch kaum, dass ich mich wende,
Ging sie schon in Verlor.

Doch jetzt erscheint sie wieder
In weiter Ferne dort,
Taucht noch ein paar Mal nieder,
Drauf hebt sie sich sofort,
Und, schüttelnd ihr Gefieder,
Entflattert sie gen Nord'.

Der Himmel, grau und düster,
Färbt dunkel auch das Meer;
Der Horizont wird trister
Und rückt schon näher her,
Die Wolken droh'n sinister,
Und schwarz sind sie wie Teer.

Da nahen weisse Möven
Sie reiten auf dem Wind.
Hurrah! auch ohne ÖfenÖfen = Dampfkraft.
Wie reisen wir geschwind!
Der Fischer reibt die Schläfen
Und staunt, dass flott wir sind.

Das Segel zieht er höher,
Bis dass sich's mächtig bauscht;
Die Wogen rollen näher,
Das Wasser braust und rauscht;
Das Boot stürmt jäh und jäher
Dahin, wie sturmberauscht.

Hoch thut es sich jetzt bäumen,
Und nun sinkt's tief hinab;
Der Fischer, statt zu träumen,
Schaut jetzt nach seiner Hab',
Und ohne lang zu säumen,
Zieht er ein Segel ab.

Die Taue zieht er strammer,
Er macht das Steuer fest,
Er prüfet jede Klammer
In unserm Bretternest;
Der Mastbaum krächzt voll Jammer,
Gepeitscht durch den Nordwest.

Das Boot legt sich zur Seite,
Den Ballast schnell hier fort!
Es spritzt von aller Weite
Schon Wasser über Bord;
Der Wind in toller Freude
Pfeift jetzt direct aus Nord.

Aus dunkler Wolkenschichte
Schiesst jetzt mit einem Mal
Mit blendend grellem Lichte
Ein scharfer Sonnenstrahl;
Dem folgen wieder dichte
Dünste mit Hagelfall.

Das Wetter segelt weiter,
So rasch, als es genaht;
Das Firmament wird heiter,
Der Sturm des Tobens satt;
Die Wogen zieh'n sich breiter
Und werden endlich glatt.

Wir nahen uns dem Lande,
Einförmig zieht sich's hin;
Die Cliffs aus gelbem Sande,
Dahinter Waldesgrün,
Und vorn' am weiten Strande
Der Wellen rastlos Sprüh'n.

Auch Fischerdörfer liegen
Am Ufer oft verstreut,
Die an die Cliffs sich schmiegen
Mit Dächern, rot und breit,
Und die mit dunkeln Zügen
Gestempelt Sturm und Zeit.

Doch dort am Kamm der Höhen
Der schlanke weisse Turm
Ist ferne schon zu sehen,
Ein Trost in Not und Sturm;
Des Nachts thut funkelnd drehen
Sein Licht sich, wie ein Wurm.

Und Cromer liegt darunter,
Der kleine Badeort,
So lärmend, laut und munter
Mit Schwimm- und Segelsport,
Doch sind die Leut' nur Plunder,
Hieher kommt nie ein Lord.

Drum will ich dich besingen,
Du liebe, kleine Stadt,
Wohin die »Swells«Stutzer, Snobs. nicht dringen,
Und wo man Ruhe hat;
Hier werd' mit »Louisas« Schwingen
Des Gaukelns ich nie satt.


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