Helmut Wördemann
Gedichte
Helmut Wördemann

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Die Hochzeit des Wassertropfens

Es war einmal ein Wassertropfen, mit dem spielten einige mädchenhafte Sonnenstrahlen so verliebt, dass er vor Wollust pulsierte, auf und ab, auf und ab. Dabei glühte er im Widerschein ihres Lichtes und leuchtete vor Freude. Lächelnd sagte der Wassertropfen zu den Sonnenstrahlen: »Ich bin so erfüllt von euerem süßen Schein, dass ich mich euch gerne so hingeben möchte wie ihr euch mir hingebt.«

Die Sonnenstrahlen kicherten und lachten schließlich hell auf:»Aber Pummelchen,« sagten sie neckisch, »wir können dich nur dann in uns aufnehmen, wenn du winzig fein wirst, eigentlich müsstest du noch feiner werden, als wir sind, sonst passt du in keinen Sonnenstrahl. Aber wir sehen ein, dass du bei aller Selbstlosigkeit niemals kleiner werden kannst als ein Molekül; wir sind nämlich kleiner als Moleküle sogar kleiner als Atome. Deshalb wollen wir ein Bündel bilden und dich darin umschließen. Das geht schon, wenn du nur verdunstest.«

Der Wassertropfen, der die Sonnenstrahlen zum Himmel zurückspiegelte, ohne zu wissen,dass sie ohne ihn in der Erde versinken würden, erkundigte sich fürsorglich nach seinem weiteren Schicksal:»Käme ich dann mit euch in den Himmel?« Wieder kicherten die Sonnenstrahlen: »Aber natürlich, Pummelchen, allerdings nur, wenn du wirklich mitten unter uns bleibst.«

Da ließ sich der Wassertropfen in Dunst auflösen, und die Sonnenstrahlen vermählten sich mit seinen Perlchen, um schelmisch glitzernd selber hoch in den Himmel zurückzukehren. Alleine hätten sie das nie geschafft.

 


 


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