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Es war einmal ein ganz liebes Angorakaninchen, das kuschelte gerne, wenn jemand mit ihm schmusen wollte, und ließ auch gerne mit sich spielen. Als es aber erwachsen wurde und Auslauf bekam, schürfte es sich den Bauch unter den langen Haaren so unglücklich auf, dass jede Berührung wehtat, selbst die des Stroh- oder Heuhalmes, wenn das Kaninchen darüber hinweghoppelte, was im Stall nicht zu vermeiden war. Draußen aber genügte ein unglücklich hochschnellender Grashalm, die Wunde schmerzen zu lassen.
Am schlimmsten war, dass auch die Freunde und die Menschen das Angorakaninchen immer wieder peinigten. Das taten die Kaninchen im Stall oder im Gatter, wenn sie ein kleines Hetzspiel veranstalteten, und die Menschen taten es, wenn sie das leidende Tierchen streichelten, ohne zu wissen, dass es litt und ohne zu wissen, dass selbst ihre Liebkosungen schmerzhaft sein konnten.
Das größte Übel aber war, dass die Qual sich nicht auf die Wunde beschränkte, sondern durch den ganzen Körper zog. Selbst wenn das Kaninchen kosen wollte, musste es sich vor Schmerz wieder zurückziehen und galt als widerspenstig. Wenn es aber ungeschickt angefasst wurde, schrie es auf und wehrte sich instinktiv, ja, es schlug sogar seine Krallen in die Hand, die es hochheben wollte, um es auf den Arm zu setzen und zärtlich zu streicheln.
»Das Angorakaninchen hat die Tollwut,« erklärte der Vater und ließ es töten, sosehr auch der Junge das Kaninchen in Schutz nahm und weinend aufbegehrte.
Der Nachbar aber, der das Kaninchen schlachtete, bemerkte die Wunde und erkannte, dass es nicht krank gewesen war, sondern nur sehr verletzlich. Doch nun war das Kaninchen tot und sprang glücklich über die Wiesen des Himmels.