Helmut Wördemann
Gedichte
Helmut Wördemann

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Der einsichtige Fingerhut

Es war einmal ein Fingerhut, der wollte so gerne ein Eimer sein. Doch so sehr er sich auch dehnte und streckte, er blieb so klein, dass er nicht einmal ein Schnapsglas voll Wasser aufnehmen konnte.

»Du bist verrückt,« redete die Nähnadel ihm gut zu, »was geht dich der Eimer an. Du gehörst zu mir. Wir sind doch für einander geschaffen. Warum willst du dich von mir trennen?«

»Ich weiß, ich weiß, aber ich will nicht immer nur Schutzhülle sein. Du leistest etwas, du fügst Stoffe zusammen. Aber ich...«

»Ist es dir denn nicht genug, Wunden zu verhindern? Und sowieso: Wenn du nicht da bist, um den Finger der Hausfrau vor meinen Stichen zu bewahren, lässt sie ihre Finger auch von mir. Außerdem bin ich ohne Faden auch nichts wert. Jeder tut, was er kann, und jeder kann mehr, wenn er mit anderen zusammenarbeitet. Also bleib bei mir und denke nicht an das, was du tust, sondern an das, was wir gemeinsam leisten, den Faden eingeschlossen. Als Eimer bist du eine Niete, das sag ich dir klipp und klar, aber als Mitglied in unserem Team bist du unersetzlich.«

»Ja,« gab der Fingerhut zu, »ich glaube, ich habe meine Arbeit zu eng gesehen. Ich schütze nicht nur, ich mache das Nähen erst möglich.«

Plötzlich fing der Fingerhut an zu lachen.

»Was hast du?« fragte die Nähnadel.

»Oh nichts! Ich habe mir nur gerade mal vorgestellt, der Eimer wollte ein Fingerhut sein.«

 


 


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