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Es war einmal ein bunter Spielball, der rollte immer hin und her und wich nach allen Seiten aus, wenn man ihn nur antippte.
»Du bist aber eitel,« spottete ein grau-brauner Fußball, als er einmal zufällig im selben Zimmer lag.
»Das denken alle,« antwortete der bunte Ball, »sollen sie nur. Die Wahrheit aber sieht ganz anders aus.«
Diese etwas kokett und rätselhaft klingende Bemerkung ließ den Fußball aufhorchen, denn er hatte gerade nichts zu tun.
»Wie meinst du denn das?« erkundigte er sich neugierig. »Bist du etwa nicht eitel? Wieso drehst du dich denn bei jedem Lufthauch wie ein junges Mädchen, das sein Blumenkleid schwenkt und sich damit dreht, um es von allen Seiten zu zeigen?«
»Hier,« sagte der Spielball und kehrte dem unfreundlichen Artgenossen einen seiner bunten Abschnitte zu, »siehst du's? Da ist ein schwarzer Fleck, den erkennt man aber nur, wenn ich still halte. Wenn ich mich bewege, fällt er gar nicht auf. Deshalb rolle ich immerzu hin und her. Bist du nun zufrieden?«
»Nun ja,« der Fußball rückte näher, »das ist wirklich ein hässlicher Fleck. Aber sowas hat doch jeder. Nur die ganz neuen Bälle sind ganz sauber. Darum brauchst du dich doch nicht zu schämen. Also, um ehrlich zu sein, mir wirst du dadurch sogar sympathischer.«
»Wirklich?«
»Ja,« sagte der Fußball und rückte noch ein bisschen näher, »das ist doch unser Schicksal. Das spielt mit uns, also werden wir dreckig. Weißt du, wir Bälle sind ja alle verschieden, verschieden dick, verschieden stabil, verschieden schön. Gemeinsam aber ist uns das Schicksal. Und die Spuren, die es hinterlässt, machen uns gleich. Komm, lass uns Freunde sein.«
Da lächelte der Spielball und küsste den neuen Gefährten.