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Es war einmal ein Fuchs, der täglich brav seine Arbeit verrichtete. Er vertilgte die schädlichen Waldmäuse und vergriff sich nur selten an Hasen und Waldhühnern. Gewissenhaft pflegte er auch seinen groß angelegten unterirdischen Bau, den er von seinem Vater geerbt hatte.
Eines Tages, es war an einem kalten Wintertag Ende Februar, beschloß er zu heiraten. Er fand auch bald eine vernünftige Frau, die gerne bereit war, mit ihm eine Familie zu gründen. Sie war eine stille Füchsin, wenn sie auch von den Menschen Petze genannt wurde. Nachdem sie Ende April sechs Junge geworfen hatte, rupfte sie sich selbstlos Wolle aus ihrem Bauch, um den Kindern im Kessel der Höhle ein warmes Nest zu bereiten und gleichzeitig ihre Zitzen freizulegen, denn die Kleinen hatten Hunger.
Reineke, ihr Gemahl, war sehr stolz auf seine Füchsin und auf die Kinder. Er holte Mais-, Mist- und Rüsselkäfer, Regenwürmer, Schnecken, Frösche, Mäuse, Maulwürfe, Ratten, ja sogar Vögel und manchmal ein gestohlenes Huhn oder einen mühsam erjagten Hasen – alles nur, um seiner Frau die ungewohnte Mutterarbeit zu erleichtern.
Doch wie erschrak der Vater, als er seine kleinen Wuscheltierchen nach drei Tagen zum ersten Mal näher betrachtete: Sie waren blind, alle sechs.
Da weinte der Fuchs, und auch seiner Frau liefen die Tränen der Verzweiflung aus den liebevoll-traurigen Augen. Als sie ihren ersten Schmerz verwunden hatten, meinten sie, ihre Kinder trösten zu müssen und sprachen ihnen gut zu. Die Kleinen aber reagierten nicht, sie hörten überhaupt nicht zu.
»Nun ja,« sagte die Mutter mit zaghafter Hoffnung, »sie kennen es ja nicht anders. Warum sollen sie darunter leiden, dass sie blind sind? Solange wir sie versorgen, ist es ja egal.«
Reineke dachte an die zierlichen Gräser, an die lieblichen Blumen, an die wuschelig-freundlichen Büsche und an die hochmütigen Bäume. Das alles nicht sehen zu können, und die Erde nicht, nicht das Wasser und nicht den Himmel, das musste unerträglich sein, bei aller Fürsorge, das war nicht auszuhalten. Er schwieg aber, um den Gram seiner Frau nicht mit seinem noch zu erschweren.
Bald bewies es sich aber, dass die Kinder nicht nur blind waren, sondern auch taub. Dass sie nicht zuhörten, war keine Gleichgültigkeit, sie vernahmen gar nicht, was die Eltern sagten.
»Sollen wir sie töten?« fragte die verzweifelte Mutter ihren Mann. Dieser erriet sofort, warum sie so grausam überlegte.
»Sie haben keine Chance,« murmelte er kummervoll, »sobald sie auf sich selbst angewiesen sind, gehen sie zugrunde. Nicht einmal eine Maus werden sie sich fangen können. Vielleicht ist es wirklich besser, ihnen den langsamen Hungertod zu ersparen.«
»Nein!« schrie da die Frau. Obwohl sie den Gedanken zuerst ausgesprochen hatte, hielt sie ihrem Mann nun Herzlosigkeit vor. Er gab sofort und sehr gerne nach. So besiegte die Klugheit der Liebe die Berechnung des Verstandes. Und als die kleinen Füchse vierzehn Tage alt waren, siehe, da öffneten sie ihre Augen und die Ohren, und nach weiteren vierzehn Tagen tollten und purzelten die grauwolligen Kerlchen vor dem Bau im Sonnenlicht umher.
»Diese Blagen,« sagte der Fuchs und sah seinen Kindern zärtlich zu, »kaum haben sie ihre fünf Sinne beisammen, haben sie nichts als Unsinn im Kopf.«