Helmut Wördemann
Gedichte
Helmut Wördemann

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Die vornehme Sammeltasse

Es war einmal eine zierliche, fein geblümte Sammeltasse, die stand auf dem Küchentisch neben einem Blechbecher.

»Hallo!« grüßte der Becher,»was bist du denn für eine hübsche Dame, hab dich hier noch nie gesehen. Willst du mit mir spielen?«

»Nein,« wehrte die Sammeltasse vornehm ab, »das darf ich nicht, dann werde ich schmutzig.«

»Bist dir wohl zu schade, was? Naja, so'n feines Porzellan will mit unsereinem natürlich nichts zu tun haben.«

Das mochte die Sammeltasse nicht hören, denn bei aller Eitelkeit war sie doch nicht hochmütig:

»Gut,« gab sie nach, »spielen wir Fangen?«

»Prima, ich jage dich, danach ist mir zumute. So ein feines Liebchen, da kann man sich ja einbilden, es sei mehr als ein Spiel.«

Lächelnd setzte sich die geschmeichelte Tasse in Bewegung und rutschte auf dem glatten Tisch aufgeregt hin und her. Es machte ihr Spaß, vor jemandem zu fliehen, der sie gerne leiden mochte. Und sowieso, weil sie so einmalig und zerbrechlich war, stand sie sonst nur immer im Schrank, und außer ihren Träumen erhellte nichts ihre trübe Dunkelheit.

In ihrem glücklichen Eifer aber achtete die unerfahrene Sammeltasse nicht auf den Rand des Tisches, sie stürzte hinüber und zerschellte am Boden. Der Blechbecher fiel in seinem Verfolgungsrausch gleich hinterher, blieb jedoch heil.

»Oh mein Gott!« schrie er, »wenn ich gewusst hätte, dass du so wenig aushalten kannst, hätte ich dich nie gebeten, mit mir zu spielen.«

Aber ihm antwortete nur das trostlose Wimmern der Scherben.

 


 


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