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Es war einmal ein altes Holzfass, das enthielt wohl schon zum tausendsten Male 100 Liter Bier und war sehr stolz darauf. Es war ihm aber zu langweilig, wochenlang immer dasselbe Bier in seinem Bauch rumoren zu lassen, es wollte mehr Abwechselung. Außerdem gingen ihm die Stahlreifen, die seine Dauben zusammenhielten, schon lange auf die Nerven.
»Wenn ich mich nach allen Seiten öffne,« überlegte sich das törichte Fass, »fließe ich nach allen Seiten aus und beglücke die Durstigen überall zugleich. Und dann werde ich neu gefüllt, immer wieder, viel schneller als bisher. Das wird ein interessantes Leben. Ja, und dann will ich sehen, wie die neue Konkurrenz in den Stahl- und Aluminiumfässern dumm aus der glänzenden Wäsche guckt, diese eingebildeten Dickwämste.«
Das Holzfass; das übrigens nicht dünner war als die beschimpfte Konkurrenz, hatte immer schon versucht, aus den Nähten zu platzen und sich über alles zu ergießen, am liebsten über die ganze Welt, aber ihre Reifen hatten sie eisern zusammengehalten. Weil das Holzfass aber alt war und nicht mehr so oft benutzt wurde wie früher, konnten die Dauben allmählich austrocknen. Daraufhin lockerten sich die Ringe. Und als das Fass sie abzuschütteln versuchte – denn sprengen ließen sie sich nun erst recht nicht mehr – glitten sie fast freiwillig ab.
Das Fass lag auf dem Rücken und lachte vor Freude. Sein Holz löste sich, und blubbernd wie das Lachen quoll das Bier heraus, nach allen Seiten, ganz nach Wunsch.
»So,« dachte das Fass, »jetzt werde ich bald mit frischem Bier gefüllt. Ich fühle mich schon im Voraus wieder jung werden. Jetzt wird das Leben wieder schön.«
Der Brauer aber schüttelte traurig den Kopf:
»Nun ist es hin, das gute alte Stück. Privat hätte ich ja gerne weiter aus einem Holzfass getrunken.«