Helmut Wördemann
Gedichte
Helmut Wördemann

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Die aufmüpfigen Geburtstage

Es war einmal ein Geburtstag, der wollte nicht mehr gefeiert werden. »Jedes Jahr dasselbe Theater,« sagte er zu seinen Nachbarn im Kalender,»ich habe schon erlebt, dass ich direkt nach Mitternacht herhalten musste, und abends zogen sie mich oft sehr ungehörig über die Grenze in den nächsten Tag, für den ich überhaupt nicht mehr zuständig war. Die Menschen machen doch mit unsereinem, was sie wollen. Ein bisschen Gedenken mit Blumen und Geschenken, ja das ist schön, da kann man schön bei vergehn.«

»Du hast ja so recht,« winselte der Tag links neben ihr. »Ich war gestern dran. Ich sage euch, keine ruhige Minute, keine ruhige Minute. Da möchte man doch lieber ein Blatt in einem Abreißkalender sein, um sich hinterher gleich begraben zu lassen.«

Da erinnerte sich der Tag rechts vom Heute an die dramatischen Unannehmlichkeiten des vergangenen Jahres: »Wisst ihr was,« schlug er vor: »Wir streiken, wir hauen einfach ab. Ritsch-ratsch, und weg sind wir. Wenn wir uns alle gleichzeitig ganz schwer machen, fallen wir bestimmt mit dem ganzen Kalender von der Wand und flattern fröhlich mit dem Wind davon.«

»Man merkt, dass du in diesem Jahr noch nicht dran warst,« erwiderte das Heute, »du träumst noch von einer Chance für die Zukunft. Aber erstens: Wenn wir fallen, fallen wir ganz einfach auf den Fußboden. Dann hebt uns jemand auf und hängt uns wieder an die Wand, oder er wirft uns weg, weil wir dreckig geworden sind, und das ist wirklich kein ehrenvolles Ende. Wenn wir aber das Glück haben, bei offener Tür vom Wind davongetragen zu werden, dann macht der mit uns, was er will, und am Ende lässt er uns irgendwo liegen, wo uns ein Regenschauer den Rest gibt. – Wisst ihr was? Ich glaube, so schlimm ist eine Geburtstagsfeier gar nicht, ist jedenfalls auszuhalten, und dann hat man ja auch ein ganzes Jahr Ruhe.«

Das sahen die anderen wohl ein, und das Morgen träumte tapfer von Musik und bunten Bändern.

 


 


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