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Es war einmal eine Tannenbaumspitze, die wollte immer hoch hinaus. Aber wenn ihr Baum wuchs, sagte sie:
»Du schiebst mich ja nur vor. Du willst wohl in die Wolken wachsen, damit ich nass werde.«
Der Baum wiegte gleichmütig seine Zweige und wuchs weiter.
Zu Weihnachten kam der Gärtner mit einer Familie, für die er keinen Weihnachtsbaum mehr hatte.
»Wir müssen die Spitze von diesem Baum nehmen,« sagte er, »die ist gut gewachsen und«, fügte er scherzhaft hinzu, »immer obenauf, immer gut drauf.«
Er wusste nämlich nicht, dass die ehrgeizige Spitze verärgert war, weil sie nicht aus eigener Kraft nach oben und immer höher hinaufkam.
»Jetzt werde ich abgesägt,« regte sich die Spitze noch mehr auf, »so eine Gemeinheit. Jahrelang gibt man sich Mühe, sich gerade zu halten und schmuck dazustehen, und was ist der Dank dafür: Man wird abgesägt. Was soll denn aus mir werden, wenn ich nicht mehr auf meinem Baum stehe?«
Der Gärtner achtete nicht auf das missmutige Geraune der Tannenbaumspitze. Er schnitt sie ab und gab sie den Kunden mit.
Die aber stellten sie als ganz selbständigen Festbaum auf. Sie behängten ihn mit glitzerndem Schmuck und erleuchteten ihn mit goldenen Kerzen.
»Das hätte ich nicht gedacht,« dachte die Spitze, »dass ich noch so groß herauskomme. Wahrhaftig, ich bin schöner als vorher der ganze Baum, und, was das Wichtigste ist: Ich bin der Mittelpunkt der Familie und ein bedeutendes Symbol.«
So feierte die Tannenbaumspitze ein ehrenvolles und sinnträchtiges Weihnachtsfest. Dann aber hielt sie die gemütlich-warme Luft des Wohnzimmers nicht mehr aus. Von Tag zu Tag siechte sie mehr dahin. Scharenweise fielen die Nadeln von ihr ab, bis sie schließlich in den Sperrmüll kam.
»So also endet die Pracht,« härmte sich die wurzellose Tannenspitze, »wäre ich doch geblieben, wo ich war.«
Doch dann raffte sie sich auf: »Sei's drum. Mein Leben hatte einen Sinn. Ich habe das Licht der Freude getragen und will es in mir nachglühen lassen bis in den Tod.- Ach nein, in der Sonne weiterzuleben wäre wohl doch besser gewesen.
Zu spät, also in Gottes Namen. Aber wenn ich schon sterben muss, dann träum' ich dabei vom ewigen Leben, als hätte ich's doch noch geschafft und wäre ganz oben, ganz oben.«